Nur ein Punktgewinn gegen Stuttgart

Erfurt.

Das vergangene Bundesligawochenende war ein besonderes Wochenende für die Denker vom SK König Plauen. Denn erstmals wurden drei Runden gespielt. Hintergrund waren finanzielle Überlegungen der Schachvereine, die kostenintensive Einzelrunde im Januar abzuschaffen und an eine genehme Doppelrunde anzuhängen. Leider fehlten den Plauenern mit Beliavsky und Bönsch zwei Leistungsträger, so dass nach der Papierform drei klare Niederlagen erwartet werden mussten. Um diesen zu entgehen, hätte es schon einiger unerwarteter Leistungssteigerungen bedurft. Der vorgezogene Kampf gegen Erfurt am späten Freitagnachmittag begann dazu mit Plauener Problemen. Denn Michael Kuraszkiewiczs Auto hatte eine Panne, dazu kam der allfreitägliche Stau auf Deutschlands Autobahnen. Trotzdem schaffte er es noch rechtzeitig, nämlich 48 Minuten nach Spielbeginn ans Brett. Die Bedenkzeit sollte er allerdings später schmerzhaft vermissen.

Auch hatte Erfurt überraschend seine beiden WM-Teilnehmer Thomas Luther und Elisabeth Pähtz nochmals aufgeboten. Luther erledigte seine Aufgabe gegen Klaus Bischoff souverän und ließ dem Plauener keinerlei Gewinnchancen, also remis nach drei Stunden. Schlechter ließ es sich für Lisa Pähtz an, die wohl schon mit ihren Gedanken bei der WM schien. Ihre Stellung verschlechterte sich im Kampf gegen Plauens Debütant Ulrich Dirr zusehends. Leider vergaß Uli, im entscheidenden Moment, den Sack zuzubinden, so konnte die mittlerweile kampferprobte 16-jährige ihren Kopf aus der Schlinge ziehen und in ein für Dirr ungewinnbares Endspiel abwickeln. In den anderen Partien waren die Plauener ohne Siegchance. Markowski, Kindermann und Espig hielten die Balance und remisierten. Der hintere Mannschaftsteil mit Kuraszkiewicz, Schaller und Sandner sah sich hingegen starkem Druck der nominell bedeutend stärkeren Erfurter Fontaine, Müller und Casper ausgesetzt. Nach 4 Stunden gaben alle drei Plauener ihre Partien auf, eine klare 2½:5½-Niederlage war besiegelt.

 

SK König Plauen - Erfurter SK :
GM Bischoff, Klaus 2557 - GM Luther, Thomas 2574 ½ : ½
GM Markowski, Tomasz 2573 - GM Haba, Petr 2496 ½ : ½
GM Kindermann, Stefan 2523 - GM Kuczynski, Robert 2473 ½ : ½
GM Espig, Lutz 2400 - GM Pähtz, Thomas 2420 ½ : ½
FM Kuraszkiewicz, Michael 2312 - IM Fontaine, Robert 2463 0 : 1
FM Schaller, Sven 2306 - IM Müller, Matthias 2361 0 : 1
FM Sandner, Gunter 2277 - IM Casper, Thomas 2350 0 : 1
Dirr, Ulrich 2264 - WGM Pähtz, Elisabeth 2290 ½ : ½

 

Vor dem Samstagskampf gegen den Aufsteiger Stuttgarter Schachfreunde standen die Zeichen also alles andere als gut. Denn Stuttgart trat noch besser aufgestellt an als die Erfurter. Auch hier wieder deutliches Übergewicht an den hinteren Brettern. Aber der Kampf nahm zunächst einen ganz anderen Verlauf. Als erster beendete Lutz Espig sein Match gegen den Newcomer Dimitri Bunzmann mit einer Zugwiederholung. Da hatten aber Tomasz Markowski und Uli Dirr sich bereits verheißungsvolle Positionen erarbeitet, Kura gegen Nationalspieler Rainer Buhmann eine ziemlich zweifelhafte Aktion gestartet, der planmäßig für Sandner ins Team gerückte Stephan Haskamp einen Bauern für schnelle Entwicklung und einige Drohungen geopfert. Relativ wenig ereignete sich bei Gabriel - Kindermann, dagegen musste Klaus Bischoff gegen Michail Golubjov ein wenig Gehirnschmalz einsetzen, um den Remishafen zu erreichen.

In der vierten Spielstunde überschlugen sich dann die Ereignisse: Zuerst übersah Uli Dirr in der Annahme, den Gewinnzug gefunden zu haben, einen Konter von Waleri Bronznik und musste froh sein, dass dieser nicht mehr als Remis durch Dauerschach erzielen konnte. Dann ruinierte Tomasz Markowski seine Gewinnstellung gegen Jörg Hickl derart, dass er plötzlich auf verlorenem Posten stand. Sven Schaller wickelte gegen Mathias Duppel unglücklich in ein verlorenes Turmendspiel ab. Dagegen behielt Stephan Haskamp wieder einmal auch in höchster Zeitnot die Übersicht und errang überwältigende materielle Vorteile auf dem Brett. Dazu überschritt Gegner Frank Zeller vor Ausführung seines 40. Zuges die Bedenkzeit. Kuras Angriff hatte unter gütiger Mithilfe Buhmanns inzwischen auch ein beträchtliches Ausmaß erreicht, als die Spieler in beiderseitiger Zeitnot mehrmals die Züge wiederholten. Hätte Buhmann dies reklamiert, wäre die Partie remis ausgegangen, hätte Stuttgart das Match gewonnen. Aber der Jungnationalspieler wollte anscheinend die Partie gewinnen, spielte aber im 43. Zug einen groben Fehler, der ihn sofort eine Figur kostete. So endete ein turbulentes Match mit einem versöhnlichen 4:4, wobei einige Spieler auf beiden Seiten im Nachhinein mit ihrem Schicksal haderten.

 

SK König Plauen - Stuttgarter SF 4 : 4
GM Bischoff, Klaus 2557 - GM Golubev, Mikhail 2584 ½ : ½
GM Markowski, Tomasz 2573 - GM Hickl, Jörg 2580 0 : 1
GM Kindermann, Stefan 2523 - GM Gabriel, Christian 2532 ½ : ½
GM Espig, Lutz 2400 - IM Bunzmann, Dimitrij 2519 ½ : ½
FM Kuraszkiewicz, Michael 2312 - Buhmann, Rainer 2456 1 : 0
FM Schaller, Sven 2306 - IM Duppel, Matthias 2424 0 : 1
FM Haskamp, Stephan 2336 - IM Zeller, Frank 2445 1 : 0
Dirr, Ulrich 2264 - IM Bronznik, Valeriy 2362 ½ : ½

 

Auch das Sonntagsspiel gegen den letztjährigen Reisepartner TV Tegernsee konnte eigentlich nur einen Sieger haben. Denn die Bayern waren an allen Brettern besser besetzt, vor allem der hintere Plauener Mannschaftsteil hatte rein theoretisch kaum eine Chance. Aber es kam anders. Zunächst konnte Tegernsees Remisspezialist Zoltan Ribli eine weitere Kostprobe seiner hohen Kunstfertigkeit auf diesem Gebiet geben. Klaus Bischoff hatte keine Chance, dem Unausweichlichen zu entrinnen. Nach etwa 2 Stunden zeichnete sich ab, dass Sven Schaller dem Ex-Erfurter Großmeister Henrik Teske nicht würde standhalten können. Im Gegenzug bezwang Stefan Kindermann seinen Großmeisterkollegen Gerald Hertneck durch eine kleine Kombination mit großen Auswirkungen. Damit wurde Stefan trotz starker Erkältung bester Plauener Spieler an diesem Wochenende. Tomasz Markowski und Lutz Espig wurden von ihren Gegnern Andrej Sokolov und Valeri Beim an die Wand gespielt. Den Tegernseer Siegpunkt holte aber Großmeister Markus Stangl gegen einen sich bravourös wehrenden und durchaus nicht chancenlosen Stephan Haskamp. An Brett 8 musste Uli Dirr sich lange Zeit starken Drucks von Deutschlands bester Schachdame Ketino Kachiani-Gersinska erwehren. In der Zeitnotphase gelang ihm aber ein Befreiungsschlag, der ihm die bedeutend bessere Position verschaffte. Aber zum drittenmal an diesem Wochenende gelang ihm trotz guter Chancen kein Sieg. Als letzter spielte noch der Mannschaftsführer Gunter Sandner gegen David Gross. Dieser hatte in der Zeitnotphase einen Fehler begangen und sah sich zwei wildgewordenen Sandnerschen Springern gegenüber, hatte aber als Äquivalent einen Turm und einen Bauern dafür. Unmittelbar vor der zweiten Zeitkontrolle nach 6 Stunden beging Gross dann einen neuerlichen Fehler, der ihn wertvolles Material kostete. Danach halfen alle Tricks nichts mehr, Sandner gewann die Partie, obwohl er demonstrierte, dass man auch einfache Stellungen unnötig verkomplizieren kann. Letztendlich ein verdienter 5:3-Sieg für das Tegernseer Team.

 

TV Tegernsee - SK König Plauen 5 : 3
GM Ribli, Zoltan 2597 - GM Bischoff, Klaus 2557 ½ : ½
GM Sokolov, Andrei 2589 - GM Markowski, Tomasz 2573 1 : 0
GM Hertneck, Gerald 2545 - GM Kindermann, Stefan 2523 0 : 1
GM Beim, Valeri 2508 - GM Espig, Lutz 2400 1 : 0
GM Teske, Henrik 2501 - FM Schaller, Sven 2306 1 : 0
GM Stangl, Markus 2460 - FM Haskamp, Stephan 2336 1 : 0
IM Groß, David 2442 - FM Sandner, Gunter 2277 0 : 1
WGM Kachiani-Gersinska 2435 - Dirr, Ulrich 2264 ½ : ½

 

Nach diesem langen Wochenende rangieren die Plauener punkt- und torgleich mit Erfurt auf dem 11. Tabellenrang. Da der derzeitige Tabellendreizehnte Solingen mit großer Wahrscheinlichkeit noch an den beiden ostdeutschen Vereinen vorbeiziehen wird, deutet bereits jetzt vieles auf einen Zweikampf gegen den Abstieg. Die nächste Runde findet wegen der chaotischen Planung erst im Februar 2002 statt, wegen des Magdeburger Rückzugs erwarten die Plauener dann nur die gastgebenden Neuköllner Schachfreunde.

Gunter Sandner

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Copyright © 2001 by Christian Hörr. Aktualisiert am 07. August 2002.