Zweitligareife Vorstellung

Plauen.

"Damned!" Dieses Wort fiel am späten Samstagnachmittag im Plauener Rathaus. Denn soeben hatte Lübecks Spitzenspieler Jonathan Speelman einen nicht wieder gut zu machenden Fehler auf dem Schachbrett begangen und musste Erfurts Thomas Luther den Punkt überlassen.

Das Wort passt aber auch auf die Leistung der gastgebenden Plauener Mannschaft an diesem Wochenende. Denn zu einer prekären Ausgangslage kamen noch einige gesundheitlich gehandicapte Spieler, so dass das Vogtland-Oktett nie zu seiner gewohnten Form fand. Am Ende standen zwei derbe Niederlagen gegen die norddeutschen Gäste, die natürlich nach jeweils zwei Siegen nur Gutes über den Austragungsort äußerten. Dabei hatten die Plauener vor Jahresfrist noch knapp gegen den Hamburger Schachklub gewonnen. Diesmal aber zeichnete sich die Niederlage schon früh ab. Kein Plauener erreichte in der Anfangsphase Vorteile, hingegen musste man schon bald um Stefan Kindermann und Jacek Gdanski bangen. Michael Kuraszkiewicz und Sven Schaller hielten an den beiden letzten Brettern gut gegen und erreichten Punkteteilungen, auch bei Alexander Beliavsky und Uwe Bönsch kam kaum Gefahr auf. Doch Kindermann musste zeitig kapitulieren, Gdanski stand auf verlorenem Posten. So standen Lutz Espig und Klaus Bischoff unter Erfolgszwang, obwohl ihre Positionen dies eigentlich nicht hergaben. In der Zeitnotphase überzogen sie ihre Gewinnversuche und wurden von den cleveren Hamburgern mit Partieverlust bestraft. Letztendlich eine derbe 2:6-Schlappe, in der Höhe vielleicht nicht ganz dem Kampfverlauf entsprechend, aber völlig in Ordnung gehend.

 

SK König Plauen - Hamburger SK 1830 2 : 6
GM Beliavsky, Alexander 2659 - GM Dorfman, Jossif 2602 ½ : ½
GM Bischoff, Klaus 2541 - GM Kempinski, Robert 2595 0 : 1
GM Gdanksi, Jacek 2537 - GM Ftacnik, Ljubomir 2580 0 : 1
GM Bönsch, Uwe 2542 - GM Gustafsson, Jan 2535 ½ : ½
GM Kindermann, Stefan 2520 - IM Berg, Emanuel 2496 0 : 1
GM Espig, Lutz 2421 - GM Wahls, Matthias 2580 0 : 1
FM Kuraszkiewicz, Michael 2350 - GM Müller, Karsten 2503 ½ : ½
FM Schaller, Sven 2301 - IM Reeh, Oliver 2416 ½ : ½

 

Gegen die wiederum ohne ihre drei Superstars Shirov, Adams und Bareev antretenden Lübecker (bei den Turnieren im spanischen Linares und in Cannes trifft sich zur Zeit die Weltelite) sollte nun unter allen Umständen ein Punkt her. Auch kamen Plauens Mannen hier besser aus den Startlöchern. Doch spätestens nach zwei Stunden zeichnete sich der Lübecker Sieg ab. Da hatte John Nunn bereits durch ein spektakuläres Bauernopfer Uwe Bönsch in arge Bedrängnis gebracht, der grippegeschwächte Jacek Gdanski musste sich schon der Angriffe Julian Hodgsons erwehren. Auf Plauener Seite stand lediglich eine etwas vorteilhafte Position von Alexander Beliavsky. Danach folgte allerdings ein Desaster. Fast alle Plauener Positionen kippten und Lübeck erreichte eine Gewinnstellung nach der anderen. Lediglich Stefan Kindermann trennte sich vom Dänen Lars Bo Hansen friedlich. Dann kapitulierten Lutz Espig nach grobem Fehler gegen Stuart Conquest, Klaus Bischoff gegen Vladimir Epishin und Roland Pfretzschner gegen Jonny Hector. "Big Al" wies Jonathan Speelman die Unkorrektheit seines Springeropfers nach und sorgte so für den einzigen Plauener Sieg des Wochenendes. Auch Uli Dirr hatte letztendlich keine Chance gegen Erling Mortensen, Uwe Bönsch und Jacek Gdanski schafften das Wunder nicht. Damit fiel die Niederlage mit 1,5:6,5 noch deutlicher aus als am Vortag.

 

Lübecker SV 1873 - SK König Plauen :
GM Speelman, Jonathan 2603 - GM Beliavsky, Alexander 2659 0 : 1
GM Epishin, Vladimir 2583 - GM Bischoff, Klaus 2541 1 : 0
GM Hodgson, Julian 2581 - GM Gdanksi, Jacek 2537 1 : 0
GM Dr. Nunn, John 2584 - GM Bönsch, Uwe 2542 1 : 0
GM Hansen, Lars Bo 2586 - GM Kindermann, Stefan 2520 ½ : ½
GM Conquest, Stuart 2565 - GM Espig, Lutz 2421 1 : 0
GM Hector, Jonny 2552 - FM Pfretzschner, Roland 2280 1 : 0
IM Mortensen, Erling 2423 - Dirr, Ulrich 2323 1 : 0

 

Nach diesen deftigen Niederlagen rangiert das Plauen-Team weiter auf einem Abstiegsplatz. Die Chancen auf Änderung haben sich um ein Wochenende verkleinert. Das einzig Gute dieser Bundesligarunde ist, dass die Mitabstiegskandidaten Erfurt (zweimal unglücklich 3,5:4,5 gegen die gleichen Gegner) und Wattenscheid (nur 4:4 gegen den designierten Absteiger Königsspringer Hamburg) kein wesentliches Kapital aus Plauens zweitligareifer Vorstellung schlagen konnten. In drei Wochen geht es dann weiter um die Wurst. Die Vogtländer reisen an den Rhein zum Godesberger Schachklub und zur SG Köln-Porz. Kann man da Punkte im Abstiegskampf holen?

Letztendlich fand die Veranstaltung im Plauener Rathaus doch ein breites Interesse. Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer fand wieder Zeit, die Runde zu eröffnen, ca. 100 Besucher wollten an beiden Tagen die versammelten 23 Großmeister beim Spiel beobachten. Beste Bedingungen schuf das Team der Stadtverwaltung Plauen, vor allem Dank an Frau Weck und Frau Lorenz. Auch die Versorgung klappte wieder reibungslos, der Dank gebührt dem eingespielten Team um Monika und Peter Paul, Peter Luban, Heike Sandner, Andrea Hafenstein, Marco Schaarschmidt und Katharina Röber, diesmal verstärkt durch Claudia und Florian Nitze. 

Gunter Sandner

zur Bundesliga-Seite     zur Tabelle

zum Seitenanfang

http://www.koenig-plauen.de
Copyright © 2001 by Christian Hörr. Aktualisiert am 07. August 2002.