Zukunft einmal mehr ungewiss

Erfurt.

Die Plauener Schachsportler vom SK König haben beide Begegnungen des letzten Wochenendes verloren. Den Stuttgarter Schachfreunden unterlag man denkbar knapp mit 3,5 : 4,5, dem SC Baden-Oos mit 3:5. Damit sind die Vogtländer wieder auf einen Abstiegsplatz gerutscht.

Abstiegskonkurrent Stuttgart brachte wie befürchtet erstmalig in dieser Saison sein bestes Aufgebot an die Bretter und war damit nach der Papierform klarer Favorit. Saßen doch auf Stuttgarter Seite neben dem Schweizer Großmeister Florian Jenni sechs Spieler, die allesamt unter den 100 besten deutschen Schachdenkern klassiert sind. Plauen verfügt davon zur Zeit nur zwei.

Trotzdem begann ein sehr hartes Ringen. Bis weit in die vierte Spielstunde gelang es keinem der 16 Akteure, nennenswerte Vorteile auf den 64 Feldern zu erringen. So trennte sich Lutz Espig von Eckhart Schmittdiel ebenso mit remis wie Stefan Kindermann von Florian Jenni, Tomasz Markowski von Rainer Buhmann und Michael Kuraszkiewicz von Thomas Heinatz. Vorsichtiger Optimismus bei Klaus Bischoff und Oliver Brendel, dagegen schien Alexander Beliavsky unter Druck geraten zu sein. Gunter Sandners Position war gleich. Doch wie so oft drehte die erste Zeitnotphase alles um. Bischoff vergab seine Vorteile und remisierte. Im Gegenzug erreichte Alexander unter mutigem Springeropfer eine Gewinn verheißende Stellung. Gunter Sandner unterlief im 39. Zug ein grober Fehler, der ein freudloses Endspiel zur Folge hatte. Die Entscheidungspartie des Matches spielte Oliver Brendel. Auch ihm unterlief in guter Position ein fürchterlicher Fehler, den er trotz aller Bemühungen nicht mehr reparieren konnte. Letztendlich standen Beliavskys Sieg gegen Jörg Hickl die Niederlagen von Brendel gegen Mathias Duppel und Sandner gegen Dmitri Bunzmann gegenüber. Und die Papierform war bestätigt.

Tags darauf ging es gegen den SC Baden-Oos nur darum, nicht so ähnlich unter die Räder zu kommen wie Reisepartner Erfurt am Vortag. Denn bei den Thüringern glückte nur Thomas Luther ein Remis, alle anderen verloren ziemlich klar. Die Badener boten neben dem Weltranglistensechzehnten Peter Swidler sieben Spieler auf, die in der derzeitigen deutschen Rangliste zwischen Rang 3 und 51 geführt werden. Ein Debakel schien unvermeidlich. Doch die Plauener hielten gut mit. Zuerst remisierte Lutz Espig gegen die badischen Hoffnung Andreas Schenk, dann war Alex Beliavsky der Auffassung, gegen Swidler lohne sich ein Spiel auf Sieg nicht. Stefan Kindermann nahm aus der Eröffnung einigen Vorteil mit, dagegen stand Klaus Bischoff mächtig unter Druck. Oli Brendel und Gunter Sandners Stellungen waren ausgeglichen, nur Kura hatte schon frühzeitig ein zweifelhaftes Bauernopfer gebracht. Diesem Materialnachteil rannte er den Rest der Partie hinterher. Tomasz Markowski erreichte gegen Dr. Robert Hübners akribische Spielweise keinerlei Vorteile, also auch remis. Erster Sieger des Tages war Bullet-Weltmeister Roland Schmaltz. Bullet ist eine im Internet geläufige Schach-Abart, bei der den Spielern nur jeweils eine Minute Bedenkzeit zur Verfügung steht. Da kommt es darauf an, die Züge des Gegners vorauszuahnen und mit der Maus den nächsten eigenen Zug praktisch schon zu beginnen, wenn der Gegner noch am Zug ist. Der Leidtragende war wieder der Team-Kapitän, der in Zeitnot geriet und dort seine anfangs nur leicht schlechtere Stellung Zug für Zug ruinierte. Übrigens ist Roland Schmaltz auch Großmeister und in der deutschen Rangliste auf Platz 21, Sandner ist Nummer 474. In der vierten Stunde verpatzte Kindermann seine Stellung zum Remis, Fabian Döttling war damit zufrieden. Anders herum ging es bei Rustem Dautov gegen Klaus Bischoff. Hier ließ der Badener die Gewinnfortsetzung aus und ermöglichte Klaus die neunte Punkteteilung in Folge – derzeitiger Bundesligarekord. Kura musste die Überlegenheit von Ludger Keitlinghaus anerkennen, Oliver Brendels Gewinnversuche wurden von Phillip Schlosser vereitelt. Damit stand am Ende ein dem Spielverlauf entsprechendes 3:5, beide Seiten waren zufrieden. Im Parallelkampf besiegte Stuttgart auch die Gastgeber mit 4,5:3,5 und zog in der Tabelle an Plauen vorbei.

Nun beginnt für die Könige wieder die Zitterphase. Am nächsten Bundesliga-Wochenende in Emsdetten ist Zählbares fast schon Pflicht, will man nicht wieder auf den Rückzieher eines anderen Teams angewiesen sein.

 

Soweit mein „offizieller“ Bericht. Im Anschluss noch ein paar persönliche Randbemerkungen.

Erstens fiel mir auf, dass in Erfurt 26 deutsche Spieler an die Bretter gingen, also dem Titel „Deutsche Mannschaftsmeisterschaft“ in dieser Hinsicht einmal Rechnung getragen wurde. Was aber gleichzeitig auffällt, ist, dass all diese Mannschaften heuer mit dem Titel „Deutscher Mannschaftsmeister“ aber auch gar nix zu tun haben. Was ist also das bessere Modell? Der Streit über Mindestzahlen wird weiter gehen.

Zweitens ist in dieser Saison auffälliger als sonst, dass mehrere Teams ein beschränktes Budget aufweisen. Und sich zwangsläufig auf gewisse Wochenenden konzentrieren müssen. Ich schließe mich da gar nicht aus. Aber diese Entwicklung läuft der Liga insgesamt doch zuwider. Weil auch Mannschaften aus dem Mittelfeld davon betroffen sind. Guter Reisepartner = mehr Punkte, schlechter Reisepartner = ....karte gezogen. Vielleicht ist das Bremer Modell wieder mal eine Diskussion wert?

Drittens muss einmal die Erfurter Austragungsstätte ausdrücklich gewürdigt werden. Das „Victors Residenz Hotel“ bietet wirklich alles, und das zum Sondertarif. Es wäre schade, sollten wir zum vorläufig letzten Male hier gewesen sein. Das ist kein Abgesang auf die Thüringer, sondern nur die Beachtung der Tatsache, dass, sollte Erfurt sich in der BL halten, zwangsläufig Plauen absteigen müsste. Und das will ja wohl überhaupt niemand.... oder???
 

Gunter Sandner

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Copyright © 2001 by Christian Hörr. Aktualisiert am 17. August 2003.