Wassili Smyslov

Wassili Smyslov 

(geb. 1921)

Schachweltmeister 1957 - 1958

"Smyslovs Spiel erinnert in seiner Klarheit und Logik an Capablanca. Er versteht es, mit einfachen Mitteln scheinbar schwierige Probleme zu lösen." (Gideon Stahlberg)

Wassili Smyslov wurde am 24. März 1921 in Moskau geboren. Mit 6 Jahren erlernte er das Schachspiel von seinem Vater, der ihm nicht nur die Kenntnisse der Regeln und elementaren Grundlagen beibrachte, sondern ihm auch wertvolle Bücher von Lasker, Tarrasch und Tartakower zur Verfügung stellte.

Aus ihnen und später aus dem Schaffen von Nimzowitsch, Capablanca und Aljechin hat er das theoretische Grundwissen geschöpft, das ihn dank seiner Begabung und intensiven Beschäftigung mit dem Schach bald zu höchsten Leistungen befähigte. Er verdankte seinem Vater nicht allein die Kenntnis des praktischen Spiels. Mit der Welt der Studien machte dieser ihn ebenfalls vertraut. Smyslov gehörte zu den Spielern, die auch in Turnierpartien oft studienartige Motive anwendeten. Später verfasste er sogar selbst mehrere Studien, in denen er seine tiefen Gedanken in künstlerischer Form ausdrückte.

1937 wurde er mit 16 Jahren Spieler der 1. Klasse. Im Januar 1938 gewann er die Meisterschaft der Schüler mit 8 Punkten aus 10 Partien. Im selben Jahr teilte er mit Meister Belawenez die Moskauer Stadtmeisterschaft. Das brachte ihm den Meistertitel ein.

Er wurde bald einer der erfolgreichsten Teilnehmer bei den sowjetischen Meisterschaften. Mit 20 Jahren war er bereits Großmeister. Mit voller Kraft widmete er sich dem Studium der Schachtheorie und der Turniertechnik. Schnell reifte er zu einem vielseitigen Spieler, der im Positionskampf, im Angriff und bei taktischen Verwicklungen gleichermaßen gewandt war. Smyslovs Hauptstärke war indessen der positionell-manövrierende Stil und die Fähigkeit, auf diese Weise erreichte vorteilhafte Endspiele mit ausgezeichneter Technik zum Siege zu führen.

Seine Strategie war sehr tiefschürfend. Er fand in der scheinbar unverwundbaren Stellung des Gegners die verborgenste Schwäche und legte sie dann zielbewusst bloß.

1940 wurde er bei der XII. UdSSR-Meisterschaft in Moskau mit 13 Punkten aus 19 Partien dritter Preisträger. 1941 wurde er im Turnier um den Titel eines absoluten Meisters der UdSSR mit 10 aus 20 erneut Dritter. Im Jahre 1942 gewann er die Meisterschaft von Moskau mit 12 aus 15.

1944 wurde er mit 10½ Punkten aus 16 Partien bei der XIII. UdSSR-Meisterschaft in Moskau zweiter hinter Botwinnik.

Smyslov erster Erfolg, der viele aufhorchen ließ waren seine beiden Gewinnpartien gegen Samuel Reshevsky im Radiowettkampf UdSSR - USA im Jahre 1945. Diese Leistung machte ihn weit über die Kreise der Schachfans hinaus bekannt.

Im Jahre 1946 erzielte Smyslov in Groningen (Holland) das erste aufsehenerregende Ergebnis auf einem internationalen Einzelturnier. Er wurde mit 12½ Punkten aus 19 Partien dritter hinter Botwinnik und Euwe. Smyslov reihte sich damit in die Schar der "Großen" der Schachwelt ein.

Beim Internationalen Chigorin-Gedenkturnier 1947 in Moskau belegte Smyslov mit 10 aus 15 hinter Botwinnik und Ragosin, gemeinsam mit Boleslawski den 3.-4. Platz.

Als im Jahre 1948 durch das Weltmeisterschaftsturnier in Den Haag und Moskau der neue Weltmeister für den nach Aljechins Tod verwaisten Schachthron gesucht wurde, errang Smyslov die höchste Anerkennung der Schachwelt. Hinter Botwinnik belegte er mit 11 Punkten aus 20 Partien den zweiten Platz. Dank seinem großartigen Erfolg wurde er zu einem Anwärter auf den Weltmeistertitel.

Im November 1949 teilten sich Smyslov und David Bronstein bei der XVII. UdSSR-Meisterschaft in Moskau den 1.-2. Platz. Ein Jahr später erreichte er nur den 5.-6. Platz bei der Sowjetischen Meisterschaft.

Beim Kandidatenturnier zur Weltmeisterschaft 1950 in Budapest, erreichte er mit 10 aus 18 den dritten Platz hinter Boleslawski und Bronstein.

Im Chigorin-Gedenkturnier in Leningrad 1951, an dem 11 Spieler teilnahmen, siegte er überlegen mit anderthalb Punkten Vorsprung. Hingegen wurde er bei der im gleichen Jahr ausgetragenen UdSSR-Meisterschaft, obwohl er Botwinnik besiegte und hinter sich ließ, nur Vierter. Auch im nächsten Jahr war er bei der Landesmeisterschaft nicht vom Glück begünstigt. 1952 wurde er sogar nur Siebenter bis Neunter! Im Budapester Maroczy-Gedenkturnier konnte er allerdings zuvor hinter Keres und Geller, gemeinsam mit Botwinnik und Stahlberg, den 3.-5. Platz erreichen.

Im Bukarester Turnier 1953 galt Smyslov als Favorit, doch erlitt er gegen den damals 16-jährigen Boris Spassky eine Niederlage und landete schließlich auf dem dritten Platz.

In Neuhausen und Zürich 1953, gewann Smyslov das zweite Kandidatenturnier mit 18:10 und mit zwei Punkten Vorsprung vor Bronstein, Keres und Reshevsky, die sich den 2.-4. Platz teilten. Smyslov erwarb sich durch den Gewinn des Kandidatenturniers das Recht, mit Weltmeister Michail Botwinnik um die Weltmeisterschaft zu spielen.

Am 16. März 1954 begann der Wettkampf um die Weltmeisterschaft zwischen Botwinnik und Smyslov in Moskau. Schon zu Beginn des Wettkampfes konnte Botwinnik einen großen Vorsprung erringen. Nach sechs Partien stand es 4½:1½ zugunsten des Titelverteidigers. Nur wenige glaubten noch, dass Smyslov diesen erheblichen Nachteil aufholen könne. Smyslov warf aber jetzt alles in die Waagschale. Er erwies sich in dem weiteren Kampf nicht nur als großer Stratege und Taktiker, sondern auch als großer Psychologe und erfindungsreicher Meister der Verteidigung. Das Match endete schließlich am 13. Mai 1954 mit unentschieden 12:12. Nach dem Reglement der FIDE blieb Botwinnik damit Weltmeister.

Vorerst gelang es Smyslov nur mit dem Weltmeister gleichzuziehen, erobern konnte er den Titel noch nicht. Das forderte weitere anstrengende Arbeit, sowohl bei der Vorbereitung als auch im Turnierspiel.

1954/55 teilten sich Smyslov und Keres den 1.-2. Platz in Hastings. 1955 wurde er Erster in Zagreb mit 14½:4½ ohne Verlust.

Bei der XXII. UdSSR - Meisterschaft 1955 in Moskau belegte er mit 12:7 gemeinsam mit Geller den 1.-2. Platz. Den Stichkampf um den Landestitel gewann Geller mit 4:3.

Eine neue Gelegenheit, sich die Berechtigung zum Wettkampf gegen den Weltmeister zu erwerben, bot Smyslov das Amsterdamer Kandidatenturnier 1956. Hier wurde er mit 11½:6½ und anderthalb Punkten Vorsprung vor Keres Erster. Es folgten L. Szabo, Spassky, Petrosjan, Bronstein und Geller, die alle fünf die gleiche Punktzahl erreichten.

Beim Aljechin-Gedenkturnier 1956 in Moskau, teilten sich Smyslov (11:4) und Botwinnik gemeinsam den 1.-2. Platz.

Nachdem Smyslov 1956 das Kandidatenturnier in Amsterdam gewonnen hatte, war er nun erneut Herausforderer Botwinniks. Das Match ging vom 5. März bis zum 27. April 1957 und wurde in Moskau ausgetragen. Diesmal, im zweiten Anlauf, gelang es Smyslov den Weltmeister mit 12½:9½ zu schlagen. Der neue Weltmeister wurde von der Schachwelt bejubelt. Botwinnik aber begann sich sofort auf den Revanchekampf vorzubereiten. Neun Jahre lang hatte er den Weltmeistertitel getragen, und er fühlte, dass er alle Chancen besaß, ihn zurückzuerobern.

Botwinnik nahm sein Recht auf ein Revanchematch um die Weltmeisterschaft in Anspruch, dass dann zwischen März und Mai 1958 in Moskau gespielt wurde. Smyslov verlor seinen Titel mit 10½:12½ und war damit nur für ein Jahr und 12 Tage Weltmeister gewesen. Zwar war Smyslov nur ein Jahr lang Weltmeister, sein schachlicher Rang und seine schachgeschichtliche Bedeutung sind trotzdem hervorragend.

Smyslov war also nicht mehr Weltmeister, aber er blieb Weltklasse und seine Schachkunst strahlte weiter! Nach einer kurzen Pause kam Smyslov bald wieder in Schwung und siegte im internationalen Turnier des Moskauer Zentralen Schachklubs 1959 gemeinsam mit Bronstein und Spassky.

Zwischen Oktober und November 1959 fand das nächste Kandidatenturnier statt. Acht Spieler kämpften in vier Durchgängen. Das bedeutete 28 Partien für jeden Teilnehmer. Gespielt wurde in Bled, Zagreb und Belgrad. Smyslov wurde mit 15:13 Vierter. Das Turnier gewann Michail Tal, vor Smyslov, Fischer, Gligoric, Olafsson und Benkö.

Während er sich in den sowjetischen Meisterschaften mit bescheidenen Leistungen begnügen musste, belegte er in den großen internationalen Turnieren meistens einen der vorderen Plätze.

In den internationalen Turnieren des Moskauer Zentralen Schachklubs errang er 1960 und 1961 den geteilten ersten Preis. 1963 war er alleiniger Sieger.

1964 siegte er mit Larsen, Spassky und Tal im Amsterdamer Interzonenturnier.

1965 verlor er in Moskau das Viertelfinale der Kandidaten gegen Geller mit 2½:5½.

1965 gewann er das Capablanca-Gedenkturnier in Havanna vor Fischer.

Er siegte in Santiago 1965, Mar del Plata 1966, Polancia Zdroy 1966, Hastings 1968/69 und Monte Carlo 1969.

Beim Interzonenturnier Palma de Mallorca 1970 teilte er sich mit 13½ Punkten zusammen mit dem Ungarn Lajos Portisch den 7.-8. Platz.

Im Kampf des Jahrhunderts UdSSR gegen den Rest der Welt 1970 in Belgrad spielte Smyslov am sechsten Brett. Aus vier Partien erzielte er 2½ Punkte. Gegen Reshevsky, dem er dreimal gegenübersaß, hielt er mit 1½:1½ unentschieden. In der letzten Partie war sein Gegner der Reservespieler Olafsson, gegen den er gewann.

Im Aljechin-Gedenkturnier 1971 wurde er Dritter und Erster in Cienfuegos 1973.

Beim Interzonenturnier Petropolis (Brasilien) 1973 erreichte er mit 11 Punkten den 5. Platz.

Smyslov wurde erster in Reykjavik 1974 und zweiter in Teesside 1975.

Beim Interzonenturnier in Biel 1976 wurde Smyslov mit 11½ Punkten Fünfter und konnte sich mit diesem Ergebnis nicht für die Kandidatenwettkämpfe qualifizieren.

In Buenos Aires 1978 und in Moskau 1981 belegte er jeweils den zweiten Platz.

1982 wurde Smyslov im Alter von 62 Jahren zweiter hinter Ribli im Interzonenturnier Las Palmas mit 8½:4½.

Das Viertelfinalmatch der Kandidaten 1983 in Velden gegen Robert Hübner, spielte er mit 7:7 unentschieden. Eine Roulettekugel musste nun die Entscheidung bringen. Smyslov wählte die rote, Hübner die schwarze Farbe. Die erste Drehung ließ die Kugel auf 0 und Grün fallen! Beim zweiten Versuch landete die Kugel schließlich auf Rot 3. Smyslov war damit eine Runde weiter. Das Halbfinale 1983 in London gewann Smyslov mit 6½:4½ gegen Ribli. Das Finale der Kandidaten 1984 in Vilnius verlor er mit 4½:8½ gegen Kasparow.

1984 gewann Smyslov ein Turnier in Graz mit 9:3.

1991 wurde er siebzigjährig in Bad Wörishofen Senioren-Weltmeister.

Smyslov spielte 89 Weltmeisterschaftspartien mit einem Score von 46:43 (44 Remisen). Auf Olympiaden spielte er 113 Partien mit einem Score von 90:23 bei 42 Remisen und nur 2 (!) Verlustpartien. Seine höchste erreichte Elo-Wertung beträgt 2600. Er spielte über 1600 Partien mit einer Gewinnausbeute von über 60 Prozent.

 

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