Vera (Francevna) Menchik

(später Menchik-Stevenson)

1. Schachweltmeisterin 1927 - 1944

  

* 16.02.1906     † 1944

Vera Menchik wurde am 16. Februar 1906 als Vera Francevna Mencikova in Moskau geboren. Ihr Vater war Tschechoslowake, ihre Mutter Britin. Mit neun Jahren erlernte sie das Schachspiel. Wahrscheinlich 1921, als sie 15 war, zog sie mit ihrer Familie nach England. Dort erregte sie erstmals Aufsehen, als sie die britische Mädchenmeisterschaft gewann. Nach dem Ersten Weltkrieg kam der ungarische Großmeister Geza Maroczy nach Hastings und wurde Veras Trainer.

Im Jahre 1927 trug die FIDE zum ersten Mal die Weltmeisterschaft für Frauen aus, die Vera prompt mit 10 Siegen und einem Remis aus elf Partien gewann. Danach gewann sie auch jede weitere Weltmeisterschaft: Hamburg 1930, Prag 1931, Folkestone 1933, Warschau 1935, Stockholm 1937 und Buenos Aires 1939. In diesen sieben Weltmeisterschaften spielte sie insgesamt 83 Partien, von denen sie nur eine einzige verlor. In der ersten Weltmeisterschaft spielte sie als Russin, die nächsten fünf als Tschechin und die letzte als Britin, weil sie 1937 den englischen Schachorganisator Rufus Henry Stevenson heiratete. Im gleichen Jahr schlug sie ihre größte Rivalin Sonja Graf (1914-1965) in Semmering.

Wir werden nie erfahren, wie gut Vera wirklich war. Sie wurde bei einem Bombenangriff 1944 zusammen mit ihrer Schwester Olga und ihrer Mutter im Alter von 38 Jahren getötet. Zweifelsfrei steht jedoch fest, dass sie unangefochten die beste Schachspielerin ihrer Zeit war, besser als die meisten männlichen Kollegen und in etwa gleichstark wie einige der großen Meister. Ihr Stil war sehr positionell und sie hatte ein großes Endspielverständnis. Sie spielte und gewann gegen Max Euwe, Samuel Reshevsky, C. H. Alexander, Frederick Yates, Edgar Colle, Karel Opocensky, Sir George Thomas und Sultan Khan. Männern, die von ihr besiegt wurden, wurde nachgesagt, dass sie zum "Vera-Menchik-Club" gehörten. 1929 wurde Vera zum Karlsbader Internationalen Turnier eingeladen, an dem auch Größen wie José Capablanca, Sawielly Tartakower, Aron Nimzowitsch und Max Euwe teilnahmen. Allerdings erreichte sie kein gutes Ergebnis - sie teilte sich mit einigen Spielern den letzten Platz. Jedoch konnte sie zweimal gegen Max Euwe gewinnen. Unter ihren besten Ergebnissen waren ein geteilter zweiter Platz mit Akiba Rubinstein in Ramsgate, einen halben Punkt hinter Capablanca, aber auch einen halben Punkt vor ihrem Trainer Maroczy und George Koltanowski. In London 1932 wurde sie Zweite, Dritte in Maribor 1934 (hinter Pirc und L. Steiner, aber noch vor Spielmann) und Dritte in Yarmouth 1935. Im Jahre 1942 schlug sie Mieses in einem Wettkampf mit 6½:3½, aber um die Gefühle des Veteranen nicht zu verletzen, wurde das Ergebnis nicht veröffentlicht.

Als Schachprofi schrieb Vera Artikel für "Social Chess Quaterly" und "Chess", gab Unterrichtsstunden und Vorführungen. 1939 wurde sie zum Manager des National Chess Centre ernannt, das ein Jahr später bei einem Luftangriff total zerstört wurde. Als die Schacholympiade für Frauen 1957 begann, wurde die Trophäe für das Siegerteam als "Vera-Menchik-Cup" bezeichnet.

Vera war ein großes Vorbild für viele weibliche Schachspieler auf der ganzen Welt, inklusive der Amerikanerinnen, die sie am Schachbrett traf. Offensichtlich inspirierte sie die Frauen während ihre Reise durch die Sowjetunion 1935 so sehr, dass im nächsten Jahr fast 5.000 Frauen an der Qualifikation zur Sowjetischen Meisterschaft teilnahmen. Dieses Vermächtnis war auch der Grund, weshalb der Weltmeistertitel der Frauen in der Folgezeit fest in russischer Hand blieb.

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Copyright © 2001 by Christian Hörr. Aktualisiert am 26. September 2001.