Prächtig gekämpft!

Plauen.

Die zweite Saison des einzigen Plauener Bundesligaklubs ist Geschichte. Der SK König erreicht am Ende den 10. Platz unter den 16 besten deutschen Mannschaften. Das Saisonziel Klassenerhalt war frühzeitig erreicht, die Bilanz von 14:16 Punkten und 60:60 Einzelpunkten deutet auf gewachsene Stärke der Vogtländer. Vor allem in der unteren Mannschaftshälfte, in der die einheimischen Spieler agieren, wurden deutliche Zuwächse erreicht. 

Hier wurde auch der Grundstein zum spannenden Kampf mit dem mittlerweile entthronten Titelverteidiger aus Köln-Porz gelegt. Denn der Favorit wackelte im Kampf mit den Vogtländern mächtig, aber er fiel (noch) nicht. Ginge man nach der Papierform, hätte ein klares Porzer Übergewicht im Kampf gegen die "Amateure" aus Zwickau und Naila kampfentscheidend sein müssen. Doch gerade diese schlugen sich prächtig. Bei den Großmeisterduellen hatte anfangs Porz Vorteile, denn der Däne Curt Hansen besiegte Lutz Espig. Der Greizer hatte die Spielsituation nach einer forcierten Zugfolge falsch beurteilt und in der Folge keine Chance mehr. An den anderen Großmeisterbrettern war die Lage ausgeglichen, aber Mario Hackel, Michael Kuraszkiewicz und Stephan Haskamp hielten die Matches gegen ihre international renommierten Gegner nicht nur offen, sondern erzielten Vorteile. 

Aber gut stehen bedeutet noch lange nicht, dass man sein Match auch gewinnt. Dies musste zuerst Stephan Haskamp realisieren. Sein Gegner, der holländische Großmeister Erik van den Doel, nutzte in seiner bedrängten Lage jede Möglichkeit zum Gegenspiel. Ein Fehlgriff Stephans reichte, um den Zwickauer aus der Balance zu bringen, der Favorit setzte sich dann recht souverän durch. Dann kam die Plauener Hoffnung zurück, denn Uwe Bönsch besiegte Jan Timman. Eine bemerkenswerte Leistung in zweifacher Hinsicht, denn erstens gehört Jan zu den lebenden Schachlegenden. Vor noch zehn Jahren griff der Holländer nach der Schachkrone, zwang im entscheidenden Match Anatoli Karpov zum Äußersten und verlor nur knapp. Zweitens gelang Uwe innerhalb zweier Saisons der zweite Schwarzsieg gegen den Star, vor Jahresfrist allerdings noch für das Team des Dresdner Sportclubs.

Alexander Beliavsky remisierte in einer beidseitig korrekt geführten Partie gegen den deutschen Mannschaftsvizeweltmeister Christopher Lutz. Klaus Bischoff musste die Stärke des Exweltmeisters Alexander Khalifman im Endspiel realisieren und trotz hartnäckigster Gegenwehr seine zweite Partie der laufenden Saison verloren geben. Der Zwischenstand von 3½:1½ verhieß den Porzer Sieg, doch die restlichen Begegnungen standen durchweg günstig für Plauen. So hatte Stefan Kindermann den Topscorer der Kölner, Rafael Waganian, in eine ziemlich aussichtslose Lage gebracht. In der Zeitnot vergab Stefan aber einen Großteil seines Vorteils. Mario Hackel bedrängte die deutsche Nummer 1, Alexander Graf und Michael Kuraszkiewicz besaß gegen den dritten anwesenden holländischen Professional Friso Nijboer ein gewinnverheißendes Freibauernpaar. So entschlossen sich die Plauener, den Titelverteidiger zu besiegen und ihre Partien, koste es auch das Unentschieden, alle auf Gewinn zu ziehen.

Das immer zahlreicher anwesende Publikum kam ziemlich ins Staunen, als Stefan Kindermann plötzlich einen Läufer gab. Denn der Münchener in Plauener Diensten wollte, sozusagen als Entschädigung, einen Bauern zur Dame führen. Gegner Waganjan erkannte dies natürlich, konterte mit einem Trick. Dessen Ablehnung hätte zum objektiv auf dem Brett befindlichen Remis geführt, Stefan wollte aber alles und verlor.

Der Porzer Sieg war damit gesichert, aber die Plauener Youngster sorgten weiter für Massenandrang. Micha Kuraszkiewicz führte seine Riesenbauern nach ziemlichen Problemen doch noch zum Sieg, was einen Zuschauer zu dem zutreffenden Satz verleitete: "Diesen Großmeister muss man ja dreimal totschlagen, bis er es endlich einsieht". Das beschreibt auch treffend Mario Hackels Probleme mit dem deutschen Großmeister Graf. Durch sehr genaues Spiel hatte sich Mario materiellen Vorteil erkämpft, aber der Großmeister zog die Notbremse und konnte noch ins Remis entschlüpfen. Trotzdem eine Superleistung, denn noch kein anderer Gegner konnte Graf in der Saison überspielen. Zum Vergleich, Mario ist derzeit etwa auf Platz 400 in unserem Land. Entstand also 3:5 aus Plauener Sicht und das Resümee des Mannschaftsführers: "Der Riese hat gewackelt, aber er ist nicht gefallen".

 

Gunter Sandner

 

SK König Plauen - SG Köln Porz 3 : 5
GM Beliavsky, Alexander - GM Lutz, Christopher ½ : ½
GM Bischoff, Klaus - GM Khalifman, Alexander 0 : 1
GM Bönsch, Uwe - GM Timman, Jan 1 : 0
GM Kindermann, Stefan - GM Vaganjan, Rafael Agred 0 : 1
GM Espig, Lutz - GM Hansen, Curt 0 : 1
FM Hackel, Mario - GM Graf, Alexander ½ : ½
FM Kuraszkiewicz, Michael - GM Nijboer, Friso 1 : 0
FM Haskamp, Stephan - GM van den Doel, Erik 0 : 1

 

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Copyright © 2001 by Christian Hörr. Aktualisiert am 11. Juli 2001.