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1. BUNDESLIGA – Saisonvorschau 2003/2004
 

Dunkle Wolken über Plauen
Aussichten auf den Klassenerhalt verschwindend gering

Es ist nunmehr schon das fünfte Jahr, in dem der Name "SK König Plauen" in den Tabellen der 1. Schachbundesliga auftaucht. Vier Jahre und drei Abstiege liegen hinter dem größten Schachverein des Vogtlands. Auch wenn es sportlich nur selten gereicht hat, im hohen Niveau der Liga mitzuhalten, waren die Bundesligakämpfe immer ein Event für die Plauener Schachfreunde.

Alles fing damit an, dass plötzlich Top-100-GMs für die Spitzenstadt spielten, allen voran Weltstar Alexander Beliavsky, einst die Nummer 3 hinter Kasparov und Karpov. An Brett 1 legte er einen unglaublichen Score hin. Schade, dass ausgerechnet er im entscheidenden Spiel gegen Wattenscheid die erste Saisonniederlage einstecken musste. "Sascha" oder "Big Al" spielt jetzt für Porz. Dort wird er nicht mehr gegen den Abstieg spielen, sondern versuchen, im Dreikampf mit Lübeck und Baden-Oos den Meistertitel wieder in die Rheinmetropole zu holen.

Neues Brett 1:
Tomasz Markowski

Klaus Bischoff, der ebenfalls eine entscheidende Stütze in der Mannschaft war, der selbst an Brett 1 immer für einen halben Punkt gut war, folgt Bundestrainer Uwe Bönsch zum Reisepartner TV Tegernsee. Es ist äußerst fraglich, ob die Mannschaft den Weggang der beiden Spitzenbretter spielerisch verkraften kann. Doch Teamchef Gunter Sandner bleibt locker: "Ist doch ganz klar, dann spielt halt Tomek Markowski gegen die Super-GMs!" In der Tat ist unser polnischer Freund die neue Hoffnung im dezimierten Achter: Vor ein paar Monaten ließ er sensationell beim landesweiten Championat sämtliche Konkurrenten um mindestens 2,5 Punkte hinter sich und wurde souveräner polnischer Meister. Der 28-Jährige überzeugte zudem bei einigen gut besetzten Open und steigerte seine Elozahl auf über 2600.

GM Jacek Gdanski, den man in Plauen schon aus Zweitliga-Zeiten kennt, soll im Sog von Markowski an Brett 2 seine alte Stärke wiederfinden. Doch auch für ihn gilt dasselbe wie für den Rest der Mannschaft: Die Statistik wird kaum ein positives Resultat zulassen, denn die konkurrierenden Teams sind im Schnitt 100 bis 200 Punkte besser besetzt.

Viele Plauener Schachfans rechnen es GM Stefan Kindermann hoch an, dass er trotz des sportlichen Abstiegs beim SK König geblieben ist. Auch Stefan, Teilhaber an der Chessgate AG, war immer ein zuverlässiger Spieler und man hofft auf seine langjährige Erfahrung in der Bundesliga. An Brett 4 spielt GM Lutz Espig, der Bär, der Kämpfer. Mit seinen 54 Jahren gehört er zwar nicht mehr zur deutschen Spitze, ließ aber erst kürzlich beim Weltklasse-Open in Pardubice aufhorchen, als er die namhafte Konkurrenz nach 5 Runden mit 5 Siegen dominierte.

Hinter IM Viteslav Priehoda steht ein großes Fragezeichen. Der Slowake kam einst mit IM Lukasziewicz nach Plauen und war maßgeblich am "Wunder von Plauen", dem Aufstieg in die 2. und 1. Liga beteiligt. Offiziell war er nie abgemeldet, doch seine letzte Partie für Plauen liegt einige Jahre zurück. Ob und wie oft er zum Einsatz kommt, wird sich wohl noch zeigen.

FM Gunter Sandner wird sich an Brett 6 sicherlich nur selten wohlfühlen. Denn 2300 Elopunkte sind dafür eigentlich zu wenig. Immerhin war Gunter letztes Jahr für drei Siege gut – zwei davon ebenfalls am 6. Brett. Hinter ihm nimmt FM Stephan Haskamp Platz, der die Position von FM Oliver Brendel übernimmt, welcher uns in Richtung Aufsteiger SV Hofheim verließ. Die Stammaufstellung komplettiert FM Michael Kuraszkiewicz, der vor zwei Jahren immerhin schon eine IM-Norm erspielte!

FM Ulrich Dirr und FM Roland Pfretzschner wissen wohl selbst um ihre Chancen in der Bundesliga. Besonders für Roland lief es in den letzten Monaten eher ungünstig. Selbst in der Oberliga hatte er Probleme. Großmeisterbruder Thomas Espig ist der einzige offizielle Neuzugang. Seine Elozahl gilt als inaktiv, und er taucht in keiner DWZ-Liste auf. In Plauen kennt man ihn zwar von einigen Blitzturnieren, doch ob er sich im Kreise der erweiterten Weltspitze behaupten kann, muss offen bleiben.

Die Bretter 12 bis 16 sind wohl die eiserne Notfallreserve. Aber wenn es schlimm kommt, dürfen Andreas Götz und Mathias Paul vielleicht doch noch einmal Bundesligaluft schnuppern. Ein Schmunzeln ist die Nominierung von Vereinspräsident Peter Paul (DWZ 1773) wert, dennoch liegt ein Vorteil auf der Hand: Als Fahrer darf er im Ernstfall immer mitspielen, bevor wegen eines plötzlichen Ausfalls eine hohe Geldstrafe gezahlt werden muss.

Seit letztem Jahr gibt es in der Bundesliga die Regelung mit den Jugendbrettern. Gunter Sandner hat neben Matthias Hörr, dessen glanzvolles Debüt gegen Emsdetten wohl unvergessen bleibt, auch Lion Pfeufer nominiert. Beide nehmen mit der U20-Mannschaft im Dezember an den Deutschen Vereinsmeisterschaften teil und können vielleicht auf den ein oder anderen Einsatz hoffen.

 

Die Devise für die Plauener Mannschaft ist klar: "Augen zu und durch!" Der Kreis der potentiell schlagbaren Gegner beschränkt sich auf ein Terzett: Die Aufsteiger Hofheim und St. Ingbert und die finanziell angeschlagenen Stuttgarter Schachfreunde. Wo da die entscheidenden Punkte für den Klassenerhalt herkommen sollen, erscheint unter den derzeitigen Umständen schleierhaft, aber wer weiß, was sich bis April 2004 schon wieder alles geändert hat.

Alle vogtländischen, thüringischen und fränkischen Schachfans sollten auf jeden Fall die Chance nutzen und am 13./14. Dezember und 27./28. März im Rathaussaal vorbeischauen, wenn die Bundesliga hoffentlich nicht zum letzten Mal in Plauen Station macht.

 

Christian Hörr
Copyright © 2001- 2024 by Christian Hörr
letzte Änderung: 05.12.2022