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XVI. FERNSCHACHWELTMEISTERSCHAFT
 

Roland Pfretzschner spielt im Finale der Fernschach-WM vorn mit
Obervogtländer verschickt seit 16 Jahren Postkarten und E-Mails mit Schachzügen

Der für die Plauener Bundesligamannschaft spielende Remtengrüner Roland Pfretzschner steht vor einem weiteren großen Erfolg in seiner Schachkarriere. Der 45-Jährige spielt im Finale der Weltmeisterschaften im Fernschach und hat – bei einer noch laufenden Partie – zumindest die theoretische Möglichkeit, den dritten Platz zu erreichen.

Die Frage, ob denn das königliche Spiel mit Recht zu den Sportarten zu zählen ist, wurde schon oft gestellt. Und wer schon einmal die Originalgeschwindigkeit eines „Konters” beim Schach beobachten konnte – etwa als Besucher eines Bundesligakampfes im Plauener Rathaus – der wird schon festgestellt haben, dass Schach (die Spezialdisziplin Blitzschach einmal ausgenommen) eine zumindest sehr langsame Sportart ist. Wenn eine Normalschachpartie, bei der jedem Spieler pro Zug etwa drei Minuten Bedenkzeit zur Verfügung stehen, doch noch zu hastig vonstatten geht, der könnte es vielleicht mit Fernschach versuchen. Dabei werden die Züge zwischen den einzelnen Spielern per Postkarte, neuerdings auch per E-Mail übermittelt. Ein Turnier, bei dem eine Gruppe von Spielern meist im Rundensystem (jeder gegen jeden) gegeneinander antritt, nimmt beim Fernschach Jahre in Anspruch.

Im Falle dieser Weltmeisterschaften des internationalen Fernschachbundes ICCF sind es mittlerweile ganze 16 Jahre geworden, denn die ersten Qualifikationsturniere starteten im Jahre 1987. Roland Pfretzschner, damals ja noch DDR-Bürger, hatte sich für seine erste Fernschach-Weltmeisterschaft angemeldet. Für die Schachspieler in der DDR war Fernschach eine äußerst beliebte Disziplin, auch wegen der Kontakte zu Schachspielern aus allen Erdteilen, von denen man dann desöfteren mit bunten Ansichtskarten bedacht wurde.

FIDE-Meister Roland Pfretzschner (hier beim Blitzschach)

„Beim Fernschach geht es vor allem darum, eine möglichst perfekte Schachpartie zu spielen. Anders als beim normalen Schach mit seinem Zeitlimit kann man jede Stellung in Ruhe durchanalysieren, so lange, bis man sich sicher ist, wirklich den allerbesten Zug gefunden zu haben”, so Roland Pfretzschner, der sich fünf Jahre nach dem Start des Turniers – inzwischen als Bundesbürger – für das Dreiviertelfinale qualifiziert hatte. Dieses wiederum beendete Pfretzschner bei nur einer Niederlage mit 10 Punkten aus 15 Partien und dem dritten Rang in seiner Gruppe, was ihm gleichfalls die Teilnahme am Finalturnier sicherte.

Befragt nach der Rolle des Computers beim Fernschach hat Roland Pfretzschner für den Außenstehenden eine doch recht überraschende Antwort parat: „Auch früher war man als Fernschachfreund nicht auf sich allein gestellt. Es gab Theoriebücher zu Eröffnungen und Endspiel, man konnte Mitspieler aus dem Schachverein in die Untersuchung der Partien einbeziehen. Der Computer ist heute natürlich ein gutes Hilfsmittel für die Analyse und besonders für Stellungen mit taktischen Verwicklungen geeignet. Andererseits ist es falsch, zu glauben, dass alleine mit einem Schachprogramm auch nur eine Partie in einem Weltmeisterschaftsfinale zu gewinnen wäre. Ein solches Programm gibt es bis heute nicht.”

Im WM-Finale kämpfen seit 1998 insgesamt 17 Spieler – allesamt Europäer – um den Titel, die meisten Partien sind mittlerweile entschieden. In Führung liegt bislang der Österreicher Tunc Hamarat mit elf Punkten und noch einer offenen Partie. Roland Pfretzschner liegt nach fünf Siegen, sieben Remispartien und drei Niederlagen mit 8½ Punkten noch gut im Rennen. Seine letzte noch offene Partie gegen den Russen Igor Samarin ist fünf Jahre alt und bisher fünfzig Züge lang. Und der mit Weiß spielende Roland Pfretzschner sieht gute Möglichkeiten auf einen Sieg. Im Falle eines vollen Punktes wäre für Pfretzschner, der übrigens als Einziger gegen die bisherigen Zweit- und Drittplatzierten gewinnen konnte, Platz fünf oder sogar noch der Bronzerang möglich; letzteres, wenn auch andere Partien ohne seine Beteiligung günstig für ihn enden.

 

Steffen Bandt
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letzte Änderung: 05.12.2022