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Foxtrott
Der VSC Plauen 1952 entgeht dem totalen Ergebnis
Düsterer, langsamer, aber unaufhaltsamer
Schnellfall über dem Treffer. Wenigstens schönes
Wetter hätte sich der Vogtländische Schach-Club
1952 an jenem Sonntag verdient, als sich das Sachsenligateam
des SK König Plauen zur Auswärtspartie ins
heimische Plauen aufmachte.
Auf
den ersten Blick ein Stadtderby wie zwischen den Münchner
Bayern und den Sechszigern, im Schlepptau deren Anhänger,
die einerseits stolzerfüllt verkünden, dass
gleich zwei Vereine ihre Stadt in der Liga repräsentieren,
aber andererseits beim entscheidenden Match, unabhängig
von der augenblicklichen Tabellensituation, in Stammaufstellung
den totalen Kampf bis zum totalen Ergebnis erwarten
alles ist erlaubt, nur absteigen darf eben keiner,
das wäre das einzig beiderseitig Schlimme, weil
dann ja die Prestigedroge für immer inhaliert ist,
zumindest für eine Saison schmerzlich fehlen würde,
und das will ja auch wieder keiner. Solch ein Stadtderby
ist es aber nur auf den ersten Blick, schließlich
gewinnen die Sechsziger hin und wieder auch 'mal ein
Spiel, und wenn sie unterlegen waren, dann zumindest
in Bestbesetzung, keinesfalls durch vorherige Resignation,
die und nun zurück von der Freiluftveranstaltung
ins luftarme Milieu den in dieser Saison geschlagenen
VSC-Schachspielern ins Gesicht geschrieben stand, als
die Könige in praktischer Idealformation im Treffer
zur großen Sause einkehrten.
Der erste volle Zähler für
die Könige purzelte frühzeitig, da die Gastgeber
das Spitzenbrett von vornherein unbesetzt ließen.
Auch Andreas Götz blieb an jenem sechsten Spieltag
in der Sachsenliga nur die Rolle des stillen Beobachters:
Am Brett sieben brauchte er seine Finger kaum krumm
zu machen, kam in seiner Partie nur ein einziges Mal
zum Zug, zu einem weißen pflichtgemäßen.
Sein Gegner, Nachwuchsspieler Johannes Titz, war kurzfristig
erkrankt, ersparte sich womöglich so weitere zu
heilende Wunden. 2:0 kampflose Führung für
den SK König, bis hierher nichts Sehenswertes für
die Zuschauer.
An den anderen Brettern entwickelten
sich hingegen durchaus umkämpfte Partien, keine
klare Sache also. Thomas Espig stand mit den schwarzen
Steinen gegen Stefan Merkel beispielsweise lange Zeit
gedrückt; Mathias Paul erbeutete zwar einen Bauern,
doch Frank Bicker hielt die Stellung im Gleichgewicht;
Lion Pfeufer wähnte sich durch seinen (zu) zeitigen
Zentrumsvorstoß im Skandinavischen zwar optisch
aktiv, der nachfolgende g- und h-Bauernangriff führte
ihn aber fast an den Rand strategischer Traurigkeit;
und Christof Beyer gewann nach lange ausgeglichenem
Spiel schließlich eine Qualität, die Stellung
blieb dennoch weiterhin einfach kompliziert.
Souveränität zeichnete sich
nur an den Brettern vier und sechs ab. Matthias Hörr
provozierte bei Roland Därr eine Schwäche
nach der anderen, die isolierten h- und f-Bauern und
der Entwicklungsnachteil entlarvten die missratene Eröffnungsbehandlung
von Weiß. Ein verwirrtes Remisgebot, zwei Züge
später ein Zwischenschach von Schwarz, Figur weg,
3:0. Marco Schaarschmidt war von Beginn an auf der Siegerstraße,
nachdem Siegfried Kadner dieses Mal nicht auf seinen
bewährten stereotypen Erstens-e4-und-zweitens-f4-Bewegungsmechanismus
vertraute, sondern sich in fast klassisches sizilianisches
Fahrwasser führen ließ, mit ängstlichen
Eröffnungszügen agierend, die nicht mehr ins
Reich der Nebenvarianten gehörten.
Paul und Bicker einigten sich in der
Zwischenzeit auf eine Punkteteilung. Espig bremste nach
dem Damentausch den Druck seines Gegenübers, gab
bald darauf selbst den Ton an, bevor er nur kurze Zeit
später die Partie gewann. Pfeufer befand sich gerade
auf dem Rückzug, sein Angriff war endgültig
verpufft, als Fuchs tollwütig die Uhr betätigte
(wenn da der Erlanger Zwei-Minuten-Jäger gelauscht
hätte
), rundumschlagssignalisierend, im Remishafen
angekommen zu sein, also keinen Spaß zu verstehen.
Der zweite hochverdiente halbe Punkt für den VSC,
kein Witz.
Die Partie am achten Brett avancierte
zum längsten Tagesmatch, nachdem Beyer im 36. Zug
plötzlich von einer vorher berechneten Schlusskombination
abwich, so seine dicke Siegchance verdarb und plötzlich
Ananevs Lebensgeister reanimierte, die im Kontrollzug
fast noch den tödlichen Konter beschert hätten.
Das Gefecht in hochgradiger Zeitnot forderte schließlich
von beiden Spielern einen halben Punkt, doch erst lange
danach (im 71. Zug) wurde der Friedensschluss unterzeichnet.
Der VSC, der in dieser Saison den gleichzeitigen
Ausfall von vier seiner stärksten Akteure nicht
kompensieren kann, hatte sich am Ende in der Bandbreite
des Machbaren gut verkauft, zwar mit 6½:1½
hoch verloren, war aber wenigstens dem totalen Ergebnis
entgangen. Ein Requiem, ein trauriger Tanz auf dem Sachsenligaparkett
- das nächste Stadtderby findet eine Etage tiefer
statt, in der 1. Landesklasse. Wenigstens hatte es nach
der Auswärtspartie aufgehört zu schneien.
VSC Plauen 1952
|
|
SK König Plauen II
|
1½
|
:
|
6½
|
unbesetzt |
|
|
FM
Pfretzschner, R. |
2164
|
|
:
|
+
|
Merkel,
Stefan |
1923
|
|
Espig,
Thomas |
2248
|
0
|
:
|
1
|
Bicker,
Frank |
1974
|
|
Paul,
Mathias |
2140
|
½
|
:
|
½
|
Därr,
Roland |
1941
|
|
Hörr,
Matthias |
2004
|
0
|
:
|
1
|
Fuchs,
Stefan |
1879
|
|
Pfeufer,
Lion |
1988
|
½
|
:
|
½
|
Kadner,
Siegfried |
1968
|
|
Schaarschmidt,
Marco |
2012
|
0
|
:
|
1
|
Titz,
Johannes |
1734
|
|
Götz,
Andreas |
2060
|
|
:
|
+
|
Ananev,
Vaceslav |
1752
|
|
Beyer,
Christof |
1974
|
½
|
:
|
½
|
|
|