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SACHSENLIGA – Saison 2003/2004
 

Foxtrott
Der VSC Plauen 1952 entgeht dem totalen Ergebnis

Düsterer, langsamer, aber unaufhaltsamer Schnellfall über dem Treffer. Wenigstens schönes Wetter hätte sich der Vogtländische Schach-Club 1952 an jenem Sonntag verdient, als sich das Sachsenligateam des SK König Plauen zur Auswärtspartie ins heimische Plauen aufmachte.

Auf den ersten Blick ein Stadtderby wie zwischen den Münchner Bayern und den Sechszigern, im Schlepptau deren Anhänger, die einerseits stolzerfüllt verkünden, dass gleich zwei Vereine ihre Stadt in der Liga repräsentieren, aber andererseits beim entscheidenden Match, unabhängig von der augenblicklichen Tabellensituation, in Stammaufstellung den totalen Kampf bis zum totalen Ergebnis erwarten – alles ist erlaubt, nur absteigen darf eben keiner, das wäre das einzig beiderseitig Schlimme, weil dann ja die Prestigedroge für immer inhaliert ist, zumindest für eine Saison schmerzlich fehlen würde, und das will ja auch wieder keiner. Solch ein Stadtderby ist es aber nur auf den ersten Blick, schließlich gewinnen die Sechsziger hin und wieder auch 'mal ein Spiel, und wenn sie unterlegen waren, dann zumindest in Bestbesetzung, keinesfalls durch vorherige Resignation, die – und nun zurück von der Freiluftveranstaltung ins luftarme Milieu – den in dieser Saison geschlagenen VSC-Schachspielern ins Gesicht geschrieben stand, als die Könige in praktischer Idealformation im Treffer zur großen Sause einkehrten.

Der erste volle Zähler für die Könige purzelte frühzeitig, da die Gastgeber das Spitzenbrett von vornherein unbesetzt ließen. Auch Andreas Götz blieb an jenem sechsten Spieltag in der Sachsenliga nur die Rolle des stillen Beobachters: Am Brett sieben brauchte er seine Finger kaum krumm zu machen, kam in seiner Partie nur ein einziges Mal zum Zug, zu einem weißen pflichtgemäßen. Sein Gegner, Nachwuchsspieler Johannes Titz, war kurzfristig erkrankt, ersparte sich womöglich so weitere zu heilende Wunden. 2:0 – kampflose Führung für den SK König, bis hierher nichts Sehenswertes für die Zuschauer.

An den anderen Brettern entwickelten sich hingegen durchaus umkämpfte Partien, keine klare Sache also. Thomas Espig stand mit den schwarzen Steinen gegen Stefan Merkel beispielsweise lange Zeit gedrückt; Mathias Paul erbeutete zwar einen Bauern, doch Frank Bicker hielt die Stellung im Gleichgewicht; Lion Pfeufer wähnte sich durch seinen (zu) zeitigen Zentrumsvorstoß im Skandinavischen zwar optisch aktiv, der nachfolgende g- und h-Bauernangriff führte ihn aber fast an den Rand strategischer Traurigkeit; und Christof Beyer gewann nach lange ausgeglichenem Spiel schließlich eine Qualität, die Stellung blieb dennoch weiterhin einfach kompliziert.

Souveränität zeichnete sich nur an den Brettern vier und sechs ab. Matthias Hörr provozierte bei Roland Därr eine Schwäche nach der anderen, die isolierten h- und f-Bauern und der Entwicklungsnachteil entlarvten die missratene Eröffnungsbehandlung von Weiß. Ein verwirrtes Remisgebot, zwei Züge später ein Zwischenschach von Schwarz, Figur weg, 3:0. Marco Schaarschmidt war von Beginn an auf der Siegerstraße, nachdem Siegfried Kadner dieses Mal nicht auf seinen bewährten stereotypen Erstens-e4-und-zweitens-f4-Bewegungsmechanismus vertraute, sondern sich in fast klassisches sizilianisches Fahrwasser führen ließ, mit ängstlichen Eröffnungszügen agierend, die nicht mehr ins Reich der Nebenvarianten gehörten.

Paul und Bicker einigten sich in der Zwischenzeit auf eine Punkteteilung. Espig bremste nach dem Damentausch den Druck seines Gegenübers, gab bald darauf selbst den Ton an, bevor er nur kurze Zeit später die Partie gewann. Pfeufer befand sich gerade auf dem Rückzug, sein Angriff war endgültig verpufft, als Fuchs tollwütig die Uhr betätigte (wenn da der Erlanger Zwei-Minuten-Jäger gelauscht hätte…), rundumschlagssignalisierend, im Remishafen angekommen zu sein, also keinen Spaß zu verstehen. Der zweite hochverdiente halbe Punkt für den VSC, kein Witz.

Die Partie am achten Brett avancierte zum längsten Tagesmatch, nachdem Beyer im 36. Zug plötzlich von einer vorher berechneten Schlusskombination abwich, so seine dicke Siegchance verdarb und plötzlich Ananevs Lebensgeister reanimierte, die im Kontrollzug fast noch den tödlichen Konter beschert hätten. Das Gefecht in hochgradiger Zeitnot forderte schließlich von beiden Spielern einen halben Punkt, doch erst lange danach (im 71. Zug) wurde der Friedensschluss unterzeichnet.

Der VSC, der in dieser Saison den gleichzeitigen Ausfall von vier seiner stärksten Akteure nicht kompensieren kann, hatte sich am Ende in der Bandbreite des Machbaren gut verkauft, zwar mit 6½:1½ hoch verloren, war aber wenigstens dem totalen Ergebnis entgangen. Ein Requiem, ein trauriger Tanz auf dem Sachsenligaparkett - das nächste Stadtderby findet eine Etage tiefer statt, in der 1. Landesklasse. Wenigstens hatte es nach der Auswärtspartie aufgehört zu schneien.

 

VSC Plauen 1952
SK König Plauen II
:
unbesetzt
–––
FM Pfretzschner, R.
2164
:
+
Merkel, Stefan
1923
Espig, Thomas
2248
0
:
1
Bicker, Frank
1974
Paul, Mathias
2140
½
:
½
Därr, Roland
1941
Hörr, Matthias
2004
0
:
1
Fuchs, Stefan
1879
Pfeufer, Lion
1988
½
:
½
Kadner, Siegfried
1968
Schaarschmidt, Marco
2012
0
:
1
Titz, Johannes
1734
Götz, Andreas
2060
:
+
Ananev, Vaceslav
1752
Beyer, Christof
1974
½
:
½

 

Christof Beyer
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letzte Änderung: 05.12.2022