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Matthias Hörr stellt die
Sinnfrage
Titelchancen nach erneuter
Niederlage gegen Dresden nur noch minimal
Dresden gegen Plauen zumindest
in der Jugend waren hier immer brisante Kämpfe
auf der Tagesordnung. Während in der Alterklasse
U16 regelmäßig Siege für die Plauner
zu verbuchen waren, konnten man bei den Ältesten
bisher noch nie gegen die erste Mannschaft aus der Landeshauptstadt
punkten. Nicht bloß aufgrund dieser ernüchternden
Statistik, die geradezu nach Ausbesserung schreit, waren
die Töne am Tag vor dem entscheidenden Spiel auf
Sieg gestimmt. So konnte man vernehmen, dass man mit
unser angeblich stärksten Mannschaft aller Zeiten
fast schon gewinnen muss. Eines wahr klar: wenn man
die Einzelspieler mit ihrer entsprechenden Wertzahl
betrachtet, wird es offensichtlich, dass man noch nie
so gute Chancen im stets Ausschlag gebenden Spiel hatte.
Die Anreise und Mannschaftsfindung verlief,
nach den beschämenden Streitereien im Rahmen des
Männerspiels eine Woche zuvor, unerwartet reibungslos,
wenn man von den Gerüchten über das vogtländischen
Wild absieht. Die Dresdener mussten auf zwei Stammspieler,
inklusive FIDE-Meister Volker Seifert, verzichten, so
dass die Aussichten für unseren Sechser noch vor
Beginn stiegen. Dieser Trend hielt auch noch in der
ersten Spielphase an: Am Spitzenbrett konnte Matthias
Hörr seinen Gegner Felix Graf (Deutsche Vizemeister
U12, Mitglied des Infineon Junior Teams) kurz nach der
Eröffnung in die Defensive drängen. Ganz hinten
schien auch Tobias positionelles Kapital aus den Anfangszügen
des Dresdner Mannschaftsleiter schlagen. Die restlichen
Paarungen verliefen auch annehmbar, nirgends war auf
eine Niederlage zu schließen. Ausnehmen müsste
man hierbei allerdings Thomas Zeleny. Trotz körperlicher
Angeschlagenheit ist dieser aus dem tschechischen Liberec
angereist, um die Plauener in diesem wichtigen Spiel
zu unterstützen. Gegen Elena Winkelmann kam er
jedoch nicht aufs Brett. Der halboffenen Linie neben
seinem König und erheblichen Schwächen auf
den schwarzen Feldern hatte er überhaupt nichts
entgegenzusetzten höchstens seinen Zeitnachteil.
Normalerweise wäre hier nach einigen weiteren Zügen
Schluss gewesen. Jedoch erschien es der Bronzemedaillengewinnerin
der DEM U16w, die ebenfalls im Infineon Junior Team
ist, logischer die Wertzahlpunkte mit einem Remis einzusammeln,
als auf den naheliegenden Sieg zu spielen.
Das Unentschieden wurde gern angenommen,
zumal Matthias schon gepunktet hatte. Kurz vor der sehenswerten
Schlusskombination hatte sich noch einmal der Schlendrian
eingeschlichen. Bei entsprechender Reaktion hätte
die Stellung nur noch leichte Vorteile geboten. Nachdem
Tomas zum Bahnhof gebracht wurde, konnte auch Lion mit
einem Sieg abschließen. Nach einem Qualitätsgewinn
verlief sein Angriff auf den schwarzen König ohne
Kompromisse. Nun stand es nach knapp drei Stunden schon
2.5:0.5, und noch war völlig unklar wie an den
hinteren Brettern drei Nullen eingefahren werden sollten.
Tobias hatte bis zum Schluss Springer
und Turm in der Ausgangsstellung stehen gelassen. Nachdem
alle anderen Figuren getauscht waren erschien dann ein
Pferd auf c7 und die Partie war verloren. Daniel Butzke
konnte nach der ordentlichen Eröffnung keinen richtigen
Plan entwickeln, und verstrickte sich in der Brettmitte
in gefährliche Scharmützel. Irgendwann waren
seine Figuren im Feindesland ausmanövriert und
die Plauener Aussichten verringerten sich auf ein 3:3.
Sergej Lozovoy hatte sich anfangs auch schön am
Damenflügel in Szene gesetzt, kam in der Folge
aber nicht weiter. Im entstanden Endspiel erwies sich
Jakob Loxine als eingespielter, und konnte trotz miserabler
Zeit einen Bauern und die Partie gewinnen.
Dresdner SC
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SK König Plauen
|
3½
|
:
|
2½
|
Graf,
Felix |
2023
|
|
Hörr,
Matthias |
2009
|
0
|
:
|
1
|
Winkelmann,
Elena |
1948
|
|
Zeleny,
Tomas |
2200
|
½
|
:
|
½
|
Rudolf,
Sebastian |
1919
|
|
Pfeufer,
Lion |
2023
|
0
|
:
|
1
|
Loxine,
Jakob |
2198
|
|
Lozovoy,
Sergej |
1933
|
1
|
:
|
0
|
Siedentopf,
Daniel |
2093
|
|
Butzke,
Daniel |
1830
|
1
|
:
|
0
|
Slawtschew,
Slavt. |
1684
|
|
Franz,
Tobias |
1624
|
1
|
:
|
0
|
So viel zum Spielverlauf. Ich möchte
jedoch die Gelegenheit nutzen, um meine Meinung über
einige mannschaftsrelevante Entscheidungen loszuwerden.
Mit dem Abschluss der letzten Saison
verließen uns mit Stephan Buschmann und Etienne
Engelhardt alterbedingt zwei Spieler, die wirklich von
Anfang an diese Mannschaft begleiteten. Wie jedes Jahr
stellte sich die Frage, wie die frei gewordenen Bretter
besetzt werden sollen. Mit Sergej Lozovoy, der noch
in letzter Minute zum SK König wechselte, hatte
man eines stark besetzt, und die für viele etwas
überraschende Wendung im Fall Johannes Titz hätte
das Problem zumindest für dieses Jahr gelöst.
Doch den Mannschaftsvätern (dieses Jahr sieht es
nach einem Tandem aus) schwebte eine andere Vision vor.
Es ist unbestreitbar, dass dieser Jahrgang Plauen im
landesweiten Vergleich überdurchschnittlich repräsentierte.
In anderen Altersklassen ist es nicht gerade üblich,
dass die Landeshauptstädter ihre schärfsten
Konkurrenten im Vogtland suchen müssen. So spielte
man drei Jahre auf Augenhöhe mit den Dresdnern,
verlor dabei zwar jedes Duell, konnte aufgrund ihres
Aderlasses gegen andere Teams jedoch trotzdem auf Platz
1 hoffen. In der Saison 02/03 war dies tatsächlich
gelungen, und man fuhr zur DVM um dort Platz 5 zu belegen.
Auf einmal wurden Stimmen laut, dass
gerade diesem Jahrgang noch einmal die Chance gegeben
werden müsste, solches zu wiederholen. Hier setzt
der Gedanke an, der meinen Ansichten so extrem entgegen
läuft. Wie edel die Motive auch seien mögen,
die Umsetzung entbehrt jeglicher Logik.
Angeblich galt es als offensichtlich,
dass die "neue" Mannschaft nur mit Sergej
keine Aussicht auf Erfolg hätte, und Verstärkung
benötigt wird. Genau hier setzt mein Verständnis
aus. Entweder wir sind die beste Mannschaft und qualifizieren
uns für den überregionalen Wettkampf oder
nicht. Alles andere ist ohne Bedeutung; die eventuell
fragwürdige Verteilung der Startplätze zwischen
Bayern und Sachsen, aber auch die Aufstellung der Dresdner
bei einer deutschen Meisterschaft. Beides kann nicht
als Argument herhalten, um zu fragwürdigen Mitteln
zugreifen. Der Sachsenmeister qualifiziert sich für
die DVM und kann dort machen was er will. Jede Mannschaft
tritt mit diesem Wissen an, und muss die Gegebenheiten
akzeptieren, niemand hat es eher verdient gegen große
Namen wie Porz oder Hamburg zu spielen, nur weil er
aus seiner Sicht die Sache ernsthafter angeht.
Es sollte so sein, dass dieses Recht
der stärksten Mannschaft gebührt, und für
die Jahre, in denen ich diese Jugendliga begleitet habe,
war das immer Dresden. Im Vergleich der Einzelspieler
hatten wir, wie anfangs erwähnt, nie eine Chance.
Unsere einzige Hoffnung war, auf die Mannschaft zu setzen.
Und damit konnte Plauen sehr gut punkten. Ich kann mich
nicht erinnern, dass wir in einer Saison mehr als zwei
Ersatzspieler benötigten, und nie wurde ein Brett
kampflos verloren. Ein einziges Mal gab es deswegen
etwas Trouble, aber auch hier sprang noch kurzfristig
Daniel Butzke ein. Mit dieser mannschaftlichen Geschlossenheit
landeten wir in der Abschlusstabelle stets vor allen
(!) Leipziger Vereinen. Gohlis I, die vor unserem Aufstieg
dieses Liga unangefochten dominiert hatten, wurden im
Jahr unseres Staffelsiegs mit 5:1 besiegt. Damals entschieden
die Brettpunkte für uns, dennoch hatte kein einzelner
den Ruhm davongetragen, stets war es die Mannschaft,
die glänzte. Die Betonung auf den Zusammenhalt
kann nicht stark genug hervorgehoben werden. Soweit
ich das einschätzen kann waren wir dabei allen
anderen weit voraus, und im Gegenteil zu manchen Aktionen
im Profisport hatten wir mit dieser Stabilität
durchschlagenden Erfolg.
Diese Spielzeit wurde (sicherlich unbewusst)
etwas anders angegangen. Mit Tomas Zeleny wurde ein
Spieler aus dem Nachbarland geradezu verpflichtet, der
mit unserem Verein, geschweige denn der Mannschaft,
nichts am Hut hatte. Das Sergej für uns spielt,
geht voll in Ordnung. Er spielt jedes Männerpunktspiel
mit, wohnt in der Nähe Plauens, erscheint ab und
an beim Training, und vor allem: Er war den Spielern
bekannt, und anders herum. Die Mannschaft hatte auch
bei Romal Waesi bewiesen, dass sie schnell Spieler integrieren
kann. Bei Tomas trifft das nicht zu. Man sieht ihn nur
zu den Spielen und verständlichweise macht er nach
dem Beendigen seiner Partie schnell zum Zug.
Trotz heftigster Proteste meinerseits
kam es trotzdem zu diesem Schritt. Meine Argumente fielen
auf taube Ohren. Gut, es war damals noch nicht abzusehen,
dass Johannes sich unserem Verein anschließen
wird, und auch der Mitgliedsantrag von Sergej war nicht
in trockenen Tüchern, aber man hatte ja noch die
Reh-Zwillinge. Hierbei wurde mir vorgehalten, dass sie
so schon sehr viel spielen, und man sie nicht in der
U20 verheizen will. Eigentlich will ich nicht auch schon
so anfangen, aber es nun einmal Fakt, dass ich auch
mehrere Jahre in zwei Jugend- und einer Männermannschaft
gespielt habe. In Kombination mit Einzelwettkämpfen
(oftmals auch in mehreren Alterklassen) war da von September
bis Weihnachten kein Wochenende frei. Dieses Argument
spielt noch in Problematik Leistungssport mit rein,
auf welche ich hier nicht näher eingehen möchte.
In ihrem Bereich werden die Reh-Schwestern
jedoch weit mehr Erfolge verbuchen, als mir das vergönnt
war. Über all das könnte man endlos leidenschaftlich
streiten, wobei mit pessimistischer Betrachtung das
Ende nicht völlig klar sein dürfte. Fakt ist
aber, dass es nicht sein kann, die Mädels in anderen
Wettkämpfen antreten zu lassen (und damit auf ihren
Einsatz in der U20 zu verzichten), mit der Begründung,
dass die Jugendlichen nicht so wichtig wären, gleichzeitig
aber man sich gewaltige Anstrengungen auferlegt, um
einen anderen Spieler an Bord zu holen. Erst ist die
Mannschaft zu unwichtig dafür, dass Theresa und
Rebecca ihr zugunsten auf andere Spiele verzichten,
dann muss aber der Staffelsieg geschafft werden,
egal mit welchen Spielern, übrigens nur, damit
die "alte Zusammenstellung" noch einmal auf
Bundesebene spielen kann.
Jemand, der ohne Vorwissen die diesjährige
Aufstellung liest, wird sich wundern. Da sitzt am ersten
Brett jemand, der eine DWZ knapp über 2000 hat,
gefolgt von einem anderen mit über 200 Punkten
mehr. Am dritten Brett sitzt schließlich jemand,
der auch noch ein My weiter rechts auf dem Zahlenstrahl
spielt, als der am ersten. Wie ist das ohne Schiebung
zu erklären? Die Sache mit Lion ist es nicht wert,
sie anzusprechen. Hierüber gab es nie Streit und
ich denke, dass wir beide stets mit den jeweiligen Aufstellungen
so wie sie immer ausfielen, zufrieden waren. Jedoch
wollte man, nachdem ich schon in der Grundsatzfrage
zurückstecken musste, das erste Brett nicht mir,
sondern eben dem fremden Spieler geben. Ich weiß
nicht, ob mich außer den Dorfkönigen noch
viele Schachspieler in dieser Angelegenheit verstehen.
In früheren Jahren war das Spitzenbrett stets mit
ein wenig Prestige versehen. Dort kreuzten die Besten
Sachsens und Deutschlands die Klingen. Ich kann mich
noch erinnern, dass vor einigen Jahren noch herzhaft
um Stammpositionen gekämpft wurde. Im Laufe der
Jahre hat sich das abgeschwächt, vielleicht auch,
weil sich die Rangfolge etabliert hatte. Auf alle Fälle
stand für mich, seitdem ich nach dem Aufstieg immer
ganz vorne gespielt hatte, nie eine andere Platzierung
zur Debatte. Und dies soll sich ändern aufgrund
eines Spielers, den weder ich, noch irgendeiner im Verein
kennt? Nur wegen einer höheren Wertzahl und der
Hoffnung, aus dieser Konstellation heraus den Staffelsieg
zu erzwingen, wurde mir ursprünglich das zweite
Brett zugedacht. Bei der Frage ob wir uns in dieser
Form verstärken, war u.a. meine Meinung zwar noch
gefragt, später aber übergangen worden. Als
es jetzt um das Wo ging, wurde gar nicht mehr gefragt.
Ich will niemanden Boshaftigkeit unterstellen, schon
gar nicht in unserem Verein, zumal sich die Sache noch
zum Guten gewendet hat, aber mich kurz vor Meldeschluss
beiläufig zu informieren, dass ich am zweiten Brett
spiele, finde ich mehr als frech. Mein Debüt in
dieser Mannschaft fand im Februar 1996 statt. Nach 8
Jahren mit unzähligen investierten Wochenenden
habe ich meiner Ansicht nach schon das Recht in meiner
letzen Spielzeit noch mal ganz vorn zu spielen.
Wahrscheinlich versteht mich niemand,
und die wenigsten wird das hier überhaupt interessieren,
aber für mich möchte ich noch mal ganz klar
sagen: Wenn wir zur DVM fahren wollen, müssen wir
das mit eigenen Kräften schaffen. Wir haben trotz
einer ungerechtfertigten Verstärkung in Dresden
verloren. Viel lieber hätte ich eine hohe Niederlage
kassiert, und dabei mit sechs Leuten gespielt, die in
Plauen bekannt sind.
Seit der letzten Landtagswahl muss man
als Sachse etwas vorsichtiger sein, deshalb will ich
damit schließen, dass es noch viel schlimmer gewesen
wäre, wenn jetzt statt Tomas Zeleny jemand aus
Hessen oder irgendwo anders aus Deutschland nur für
jedes Spiel eine weite Strecke zurücklegen würde.
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