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Heiße Keilerei am Kamin
oder Warten bis die
Welle kommt
"Ich will Ihnen mal ein Geheimnis
verraten. Wenn Sie ein Wildschwein mit einem Stock oder
Besenstil an der Kehle kraulen, legt sich das sofort
hin und schaut sie absolut friedlich an, wie das lieblichste
und zahmste Hauskätzchen. Die gucken, als würden
die sich auf eine gemeinsame Liebesnacht freuen. Wahrscheinlich
haben die da ihren G-Punkt."
"Wenn ich das Wildschwein in der
Metapher sehe, dann komme ich auf Shakespeares Richard
III. Der hat in seinem Wappen das Wildschwein. Das ist
für mich die frechste, kraftvollste und unverschämteste
Signatur für einen König." (Claus
Peymann)
Da sind sich ja alle Experten einig.
Diesen Satz kann man oft hören, aber er entspricht
beinahe immer der Unwahrheit, denn schon zwei
Experten sind ohne Schwierigkeiten in der Lage, drei
verschiedene Meinungen zu haben, abgesehen davon,
dass es sich in den meisten Fällen ohnehin nur
um selbst ernannte, und also um so genannte Experten
handelt, denen es einzig darauf ankommt, mal wieder
irgendeinen Satz gesagt zu haben, aber möglichst
nicht zum Thema. Sobald das unwahrscheinliche Ereignis
eintritt, sich alle Experten einig sind, ist
höchste Vorsicht geboten. Wenn es beispielsweise
darum geht, im Wald von Neu-Oelsnitz wieder Holz zu
sammeln, dabei draußen die warme Sonne noch vom
goldenen Herbst kündet, während drinnen in
der Hütte das lodernde Feuer schon schwer gegen
die Kälte anzukämpfen hat. Oft hat es dort
im Wald gereicht, nur das grobe Brennholz einzusammeln,
wie beim 5:3 und 6:2 vergangener Jahre. Beim 4½:3½
in der vorigen Saison musste aber auch schon einmal
das Kleinholz zusammengekehrt werden. Dass aber das
Holz einmal nicht ausreichen würde, darauf hätte
keiner der Experten etwas gegeben darin bestand
unbestritten Einigkeit.
Vermutlich ließ sich das Zittern
bei Peter Kühnrich und Bela Endt lediglich auf
die Raumtemperatur zurückführen, vielleicht
war es aber auch die Angst davor, dass hier gleich ein
ganz anderer Wind wehen würde, oder aber
die sichtbare Anspannung war Ausdruck existierender
Ungewissheit, an welchem Brett Andreas Götz dieses
Mal wohl spielen würde: am fünften Brett mit
Weiß gegen Peter Kühnrich, den er erst Anfang
des Jahres mit Schwarz hingerichtet hatte - oder am
vierten Brett mit Schwarz gegen Bela Endt, den er eine
Saison davor mit Weiß quälte, das schien
hier die bange Frage zu sein. Und da es mit Schwarz
in dieser Saison bereits zweimal so prächtig für
Andreas Götz lief, warum also nicht auch ein drittes
Mal und warum nicht schon wieder mit Hilfe seiner alten
Waffe, der Aljechin-Verteidigung. Olaf Hilbig wechselte
dagegen die Eröffnung, erreichte sehr schnell eine
aktive Stellung gegen Peter Kühnrich, der ihm nach
zehn Zügen die Punkteteilung anbot. Nach weiteren
zehn Zügen wurde wiederholt um den halben Punkt
nachgefragt, bevor dann der Eröffnungsvorteil zunehmend
dahinzuschmelzen begann, und als der 30. Zug ausgeführt
wurde, bekräftigte Peter Kühnrich noch einmal
seine leidenschaftslose Absicht. Dieses Mal klang es
jedoch nach Angebot und Drohung zugleich. In der betonten
Letztmaligkeit dieser Remisofferte lag das Besondere,
der Unterschied zum sonst gleichen Angebot. Olaf Hilbig
wollte die Partie auf keinen Fall überziehen, und
getreu der alten Schule, dass man nach einer verlorenen
Partie, ein Remis nicht ausschlagen sollte, gab er dem
nachdrücklichen Wunsch des Neu-Oelsnitzers doch
noch nach. Mit einem Paukenschlag im 28. Zug beendete
Lion Pfeufer seine Partie am Spitzenbrett. Beim passiven
Pirc-Aufbau mit c6 ließ er Siegfried Landgraf
von Beginn an keine Ruhe. Das Schlussbild, eine Komposition
aus teuflischer Kreuzfesslung mit Mattdrohung und gleichzeitiger
Überlastung der gegnerischen Dame, während
im eigenen Lager beide Läufer gleichzeitig hingen,
krönte eine überragend geführte Positionspartie.
Auf Sieg hatte auch Christian Hörr im holländischen
Aufbau gesetzt, aber die Aktivität am Königsflügel
reichte nicht für einen vollen Punkt. Ganz im Gegenteil:
Als er mit Turm gegen Läufer ins Endspiel überging,
hatte er die Partie fast schon überzogen, das Remisangebot
von Wolfgang Bär rettete ihn gerade noch davor,
den optischen Qualitätsvorteil zu überschätzen.
Mit einem Remisersuchen wurde auch Andreas Götz
konfrontiert. Die Eröffnung ging bei ihm fürchterlich
daneben, zwischendurch fehlten zwei Bauern, aber einen
Gewinnweg konnte sein Gegner im Mittelspiel trotzdem
nicht finden. So verringerte sich der Stellungsnachteil
bis zum Kontrollzug immer mehr, bis er sich schließlich
völlig verflüchtigte, anschließend eben
jenes Remisgebot zu hören war. Doch da hatte Andreas
Götz seine Nebelfahrt auf dem Brett beendet, und
er beschäftigte sich längst mit besseren Aussichten,
mit den Schwerfiguren die unbewachte gegnerische Königsstellung
aus den Angeln zu heben. Und diese Auseinandersetzung
gehörte zu den insgesamt fünf Partien, die
nach über fünf Stunden Spielzeit immer noch
andauerten.
Die 3:1-Führung der Plauener täuschte
über deren brenzlige Gesamtsituation hinweg. Daniel
Butzke, der kurzfristig Mathias Paul ersetzen musste,
kämpfte in einer gedrückten, aber komplett
geschlossenen Stellung gegen die Aktivitätsversuche
Holger Rauchs. Bei Christof Beyer hatte der Mehrbauer
im Endspiel zunehmend die Bedeutung eines Stellungsvorteils
eingebüßt. Sergej Lozovoy verteidigte sich
mit Turm und Leichtfigur gegen die gegnerische Dame,
und Etienne Engelhardts Königsangriff verpuffte,
so dass die gegnerischen Mehrbauern plötzlich größere
Bedeutung gewannen. Daniel Butzke hielt den Angriffsbemühungen
seines Gegners stand. Christof Beyer bot seinem Gegner
Remis an, als die wenige Restbedenkzeit eine weitere
Suche nach Verwertung des Mehrbauern nur noch zu einem
Spiel mit dem Feuer geführt hätte. Und als
es Sergej Lozovoy gelang, seine Festung dauerhaft gegen
die Dame umsichtig zu verteidigen, hatten es die Plauener
doch noch geschafft, sich in diesem kräftezehrenden
Mannschaftskampf die notwendigen 4½ Punkte zu
sichern. Mancher unter den Experten wollte sogar den
bisher spannendsten Mannschaftskampf überhaupt
erlebt haben. Dass Etienne Engelhardt am Ende im Gegenangriff
überrannt wurde, spielte keine Rolle mehr und gehörte
zu dieser besonderen Punktspieldramatik. Solange
das Match in trockenen Tüchern ist, bevor also
die gegnerische Mannschaft anfängt, eine
Partie zu gewinnen, kann man sich beruhigt der Kunst
der Beiläufigkeit hingeben, indem man gemütlich
am Kamin sitzt, auf die Welle wartet und trotzdem nicht
nass wird.
Grunzen und Grummeln. 28. De7!
Beide weißen Läufer
hängen, aber keiner darf genommen werden, denn
es droht
Matt auf f8. Außerdem droht sehr unangenehm Lf3.
Danach
ist die Dame mit der Deckung des Springers überlastet.
10
Nach dem dritten Sieg in Folge befinden
sich die Könige hinter Lok Leipzig-Mitte III. auf
dem zweiten Tabellenplatz. Vor dem Lokalderby gegen
den VSC 1952 Plauen wartet eine siebenwöchige Saisonauszeit.
Manchmal kommt es darauf an, ein gutes Gefühl für
das zu haben, was andere erschreckt. Denn es sieht fast
so aus, als würden sich schon wieder alle Experten
einig sein. Dann kann es einem so ergehen wie Asterix
und Obelix: Man trifft unterwegs ein paar Wildschweine
und wird schwach.
SV Neu-Oelsnitz
|
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SK König Plauen II
|
3½
|
:
|
4½
|
Landgraf,
Siegfried |
2032
|
|
Pfeufer,
Lion |
2031
|
0
|
:
|
1
|
Jänig,
Reinhard |
2110
|
|
Lozovoy,
Sergej |
1955
|
½
|
:
|
½
|
Opitz,
Frank |
1826
|
|
Beyer,
Christof |
2049
|
½
|
:
|
½
|
Endt,
Bela |
1998
|
|
Götz,
Andreas |
2066
|
0
|
:
|
1
|
Dr.
Kühnrich, Peter |
1940
|
|
Hilbig,
Olaf |
2013
|
½
|
:
|
½
|
Bär,
Wolfgang |
1834
|
|
Hörr,
Christian |
1858
|
½
|
:
|
½
|
Steinhardt,
Jürgen |
1766
|
|
Engelhardt,
Etienne |
1860
|
1
|
:
|
0
|
Rauch,
Holger |
1847
|
|
Butzke,
Daniel |
1914
|
½
|
:
|
½
|
|
|