Alles bestens in der Oberliga

„Experience is a hard teacher because she gives the test first, the lesson afterwards.“ Schachspielende Handybenutzer teilt man gemeinhin in zwei Kategorien: Solche, die vor lauter Gutgläubigkeit die Heimfahrt schon während der Partie klären wollen und jene, die die Anreise trotz mehrfacher Benachrichtigung verschwitzen. Die erste Mannschaft hatte zum Doppelheimspiel an diesem Wochenende Glück, dass genug Ersatzspieler zur Verfügung standen, um kurzfristige Ausfälle zu verkraften. Zu Gast waren die zuletzt sehr überzeugend auftretenden Schachfreunde aus Hoyerswerda und die Reserve von USV TU Dresden.

Da uns Hoyerswerda in der Tabelle mit nur einem Punkt Abstand hinterherhechelte, bot sich am Samstag die Chance, unsere Aufstiegsambitionen gehörig zu unterstreichen. Wenngleich sich der deutliche Sieg zwischenzeitig nicht aus den Brettern lesen ließ, liefen wir nie große Gefahr, Punkte liegen zu lassen. Christof kam wie gesagt über Nacht zu seinem Einsatz, zeigte sich aber trotzdem theoriefest – mit Schwarz bedeutet das dynamischen Ausgleich und so wurde Remis vereinbart, als klar war, dass Dimitrios und Kura volle Punkte einfahren werden. Letzterer hatte schon früh mit seiner Dame aus der Ferne die schwarze Stellung in Augenschein genommen und seinen Gegner empfindlich in der Entwicklung gestört.
Auch ich stand zum Ausgang der Eröffnung sehr vielversprechend, gab mich dann jedoch unnötiger Moddelei hin. Als dann bei knapper Zeit mein Angriffsplan ins Stocken geriet, war ich mir immer noch zu fein, die Zugwiederholung zu akzeptieren. Der Übermut war völlig fehl am Platze – wenig später gab ich auf. Es blieb dies unsere einzige Niederlage an diesem Tage. Tomasz‘ Gegner ließ sich zum 41. Zug seine Stellung gründlich durch den Kopf gehen und strich zuglos die Segel. Ein weiterer halber Punkt kam von Roland, der trotz anfälliger Bauernstruktur im Endspiel zu Gegenspiel kam und somit alle gegnerischen Aktivpläne zunichtemachte. Es liefen danach noch die Partien von Lutz und Jolanta, die nach der Zeitkontrolle optisch sehr ansprechend stand, dann aber doch noch überraschend in die Defensive geriet und mit ihrem König zwischen a1 und b1 pendelte. In dieser Situation verlor dann wiederum ihr Gegner den Faden; dieses Mal endgültig. Schon vorher kam es zum Showdown bei Lutz. Leichtfertig setzte er sich im Schwerfigurenendspiel einer furchteinflößenden Schachsalve aus, die seinen König tief ins gegnerische Lager trieb. Letztlich fühlte sich sein Monarch dort wohler als sein Opponent, was sich aber als fatal herausstellte. Ausgerechnet nachdem Lutz sich konsolidieren konnte, ließ er sich mit einem Patttrick verarschen. Auf den Mannschaftssieg hatte das selbstredend keinen Einfluss mehr – die Tabellenführung war souverän ausgebaut worden.

Am Sonntag stand die vermeintlich leichtere Aufgabe gegen Dresden II an, die wohl auch aufgrund der Terminüberlappung mit der zweiten Liga auf alle acht Stammspieler verzichten mussten. Mich hat es dennoch gleich aus der Eröffnung heraus vom Brett geweht. Als einziger Lichtblick blieb, dass Lutz nach drei Stunden ins Remis einwilligte und ich so nicht als erster meine Partie beendete. Es steht zu hoffen, dass man nach dieser Leistung bzgl. meiner Spielstärke mehr auf mein eigenes Urteil vertraut. Dimitrios sorgte rasch wieder für den Ausgleich. Kura hatte sich mit Schwarz zwar auch einen leichten Vorteil erspielen können, kam über die Punkteteilung jedoch nicht hinaus. Das kleine Plus genügte hingegen Tomasz für den ganzen Zähler. In der akkuraten Behandlung des Turmendspiels kam die Großmeisterklasse effektiv zur Geltung.
Jolantas Partie roch lange Zeit nach Remis, obwohl ihr König eine bedrohlich aktive Position eingenommen hatte. Letztlich schien aber nicht dieser Aspekt den Ausschlag zu geben, sondern ein unschuldig anmutender Turmtausch, der das gegnerische Lager ohne die nötigen Verteidigungskräfte zurücklies. Die beiden verbliebenen Partien gaben auch Anlass zur Freude. Mathias ersetze Christof am letzten Brett und hatte eine Mehrfigur ins Turmendspiel gerettet, wo er sichtlich bemüht war, seinen letzten Bauern auf dem Brett zu halten. Zum Schluss entschied jedoch ein überfallartiger Mattangriff mit König, Turm und Springer. Ruhiger, deswegen aber nicht weniger kraftvoll, brachte Roland seine Partie zu Ende. Mit Mehrqualität beherrschte er das ganze Brett und konnte sich jede Zeit der Welt lassen, um seine Schwerfiguren auf der h-Linie in Stellung zu bringen. Sein Gegner sah das vermeintliche Ende wohl kommen, konnte den zu erwartenden Manövern jedoch nur suspensiven Widerstand entgegensetzen; das Eindringen war nicht mehr zu verhindern.

Mit den beiden hohen Siegen lagen wir im Soll. Da die Coswiger zudem gerade gegen beide Mannschaften von SG Leipzig ihren unglücklichen Saisonstart beendeten, zeigt sich die Tabelle von ihrer besten Seite. Bei noch vier ausstehenden Spielen führt unser Team die Staffel mit vier Punkten an. Es würde von großer Unerfahrenheit zeugen, wenn der Aufstieg nochmals in Gefahr geraten sollte.