Was macht ihr eigentlich vormittags?

Zum Beispiel: Sophokles lesen. Tags zuvor ereilte mich das seltene Geschick, trotz des Inkrements gleich zwei Mal durch ZÜ zu gewinnen. Doch schwante mir Böses, als es aus dem Philoktetes schalte:

Wer frei von Leid ist, mache sich darauf gefaßt,
und wer im Glück ist, muß gerade dann erst recht
sich hüten, ob nicht heimliches Verderben droht.

Tja, was die Alten schon wussten… Dann kam die Niederlage, dann kam Daniel, dann kam die Sonne.

EINS!

Der Olmützer Schachsommer war das Ausweichturnier für das an uns vorbeigezogene Spektakel in Pardubice. Das Teilnehmerfeld präsentierte sich breit gestreut, an der Spitze allerdings etwas dünn besetzt, weil die Titelträger in drei Rundenturniere ausgelagert wurden und dort unter sich waren. Dadurch standen wir alle unter dem Zwang, regelmäßig voll zu punkten. „Wir“, das sind:

Burkhard alias B. A. – standesgemäß mit Kettchen aber angenehm flexibler Etikette

Daniel – Boltzer aus Leidenschaft mit riskanten Schlüsselzügen

Erik – das Dreibein wird blank ganz ohne Zahnbürste

Ich – verhinderter Mongolenschreck mit latentem Hang zur Unsafeness

Nein, nicht die Galeere!

ZWEI!

Als Stadt imponiert Olomouc weit mehr als Pardubice. Versorgungsstellen boten sich uns zwischen Heaven and Hell (mensch, war es dort warm) in Hülle und Fülle  – weit mehr, als dass wir die Szenerie nach einer Woche bereits hätten überschauen können. Und doch gab es regelmäßig  Pivo to go – umgeht das politische Gambit.

Nach dem Essen klappte es auch endlich mal mit dem Musikwunsch. Und siehe da: Es gibt nicht viele Songs, die man 2x nacheinander bringen kann. I am control, no way you can change me. Es sei denn mit Sliwowitz – hoher Pass auf den Radfahrer, Kontrollverlust. Alles kein Grund, gegen die eigene Natur zu handeln.

DREI!

Die Straßen wurden nicht von Schachspielern, sondern von der jungen Kirchenfestbesucherinnen dominiert – ungewöhnlich und alles andere als safe. Der grobe Geschmack wurde hingegen beim gemischten Beach-Rugby bedient, das wir uns vom feinsten Lokal am Platz aus ansahen.

Unkreative Freizeitbeschäftigungen bleiben gewohntermaßen ungenutzt. Wir inspizierten lieber die Olmützer Unterwasserwelt und ließen uns von Burkhard auf verwunschene Wege führen, die nur dem all-seeing eye bekannt sind.

Der Erstwähler und die Haselnuss

Ansonsten typische Semesterferien: Tauschbörse für Bildungs- und Erinnerungslücken.

VIER!

Schach gespielt wurde auch. Burkhard zeigte sich sehr agil im Handling des f-Bauerns, litt aber das ganze Turnier unter dem Fluch der hohen Einstiegselo. Der Rest konnte hingegen anständig punkten, wobei Überraschungen nach unten und oben ausblieben. Ein dämliches Turmendspiel hier, ein glückliches Händchen in der Eröffnung da; ein vereinsinternes Duell – naja, wenigstens in der ersten Reihe. Die aktiven Plauener beklagten zwischenzeitlich  alle eine ärgerliche Niederlage und jeder durfte seine Art des Umgangs damit zum Besten geben. Hach! Wäre ich doch nur mal mitgegangen und hätte den Ball gesucht!

Daniel hätte in der Schlussrunde groß ausholen können, wäre man ihm nicht rücklings in den Wurfarm gefallen. So blieb nur das unverdiente Preisgeld für mich, das aber hoch genug veranschlagt war, um unsere Heimreise zu verzögern.

Hörr, Matthias (2196) – Schmid, Thomas (2127). Stellung vor 24. … a5

Hier entschied sich mein Gegner für das sorglose 24. … a5, wonach die Königsangriffe auf beiden Flügeln eine seltene Symmetrie aufwiesen. Taktiken für Angriff und Verteidigung musste ich deshalb nur einmal berechnen. Allerdings hat Weiß nicht nur die Läufer, sondern ist mit seinem Spiel auch noch einen Halbzug weiter. Es folgte:

25. h5 a4 26. g6 fxg6 27. hxg6 Sxg6 28. Txh7 Kxh7 29. Th1+ und Schwarz verhinderte das Pauken-und-Trompeten-Matt mittels Aufgabe.

  • 4. Matthias Hörr 6,5/9 (2231, +11)
  • 11. Daniel Zähringer 5,5/9 (2139, +31)
  • 23. Erik Fischer  5/9 (1991, +16)
  • 78. Burkhard Atze 4/9 (xxxx, -yyy)

(98 Teilnehmer)

Der Dank geht dieses Mal nicht an die Zuhausegebliebenen, sondern an die, die für Action sorgen. Danke fürs Dabeisein, danke fürs Fahren, danke fürs Mitnehmen.

Bleiben nur noch 3 Fragen: Was klapperte im Non-Stop-Laden? Was wurde aus der Schatuelle? Und wer zählt hier eigentlich?