Auswärtsfahrt in eine andere Zeit …

Mit der Drohung, nach dem Spieltag den wohl einzigen Abstiegsplatz einzunehmen, ging es zum schweren Auswärtsspiel gegen die TSG Taucha 1861. Der Druck auf unser Team war immens, denn inzwischen haben wir es aufgegeben, von Unterstützung seitens der II. Mannschaft auch nur zu träumen. Freundlich begrüßt wurden wir von Manfred Schöneberg, der neben unzähligen Mannschaftsmeistertiteln mit der SG Leipzig 1972 sich den Einzelmeistertitel der DDR sichern konnte. Nebenbei war er auch zweifacher DDR-Blitzschachmeister (1969 und 1972) und Mitglied der DDR-Mannschaft, die 1970 in Österreich bei der Mannschafts-EM sensationell Bronze holte. Bei der Junioren-WM (U20) 1965 belegte er punktgleich mit GM Dr. Robert Hübner Rang 5.
Auch andere Tauchaer Spieler wie Friedbert Prüfer, Günther Heinsohn und FM Heinz Böhlig verfügen zusammen sicherlich über die Erfahrung von mehr als 1000 Sonderliga-Partien (für die jüngeren Leser: Sonderliga hieß in der DDR die 1. Bundesliga). Leichter erschien die Aufgabe auch nicht, wenn man sich den DWZ-Schnitt beider Teams betrachtet – 1956:1829. Am 1. Brett betrug der Unterschied 374 Punkte und Richard hatte „nur“ 316 DWZ-Punkte weniger als sein Gegner. Die Voraussetzung, um Zählbares zu erringen, können eigentlich nicht schlechter sein, nur in puncto Durchschnittsalter war der Vorteil auf unserer Seite.
Trotzdem entwickelte sich ein spannender Kampf und auf einmal stand es 1:0 für uns. Michael Fuß hatte mit sehenswertem Figurenspiel trotz Damentausch dem Gegner nicht den Hauch einer Chance gelassen. Dann schaffte Marco Schaarschmidt die Sensation und konnte dank einer grundsoliden Eröffnungsbehandlung über ein Remis gegen Manfred Schöneberg (mit Autogramm auf dem Partieformular) freuen. Den nächsten halben Zähler steuerte Huy dem Mannschaftskonto bei, bevor ich selbst noch einen ganzen Zähler drauflegte. Mein prominenter Gegner, FM Heinz Böhlig, verpasste es zu rochieren und das ging natürlich schief. Allerdings muss man auch anerkennen und Respekt zollen, dass 79 Lebensjahre schon ein gesegnetes Alter im Wettkampfschach sind.
Bei einem Zwischenstand von 3:1 darf man dann auch ein bisschen träumen und nachdem Nico Hörkner am 2. Brett verloren hatte, wird es auch schon wieder anstrengend, die Stellungen anzuschauen. Mit Glück und Geschick rettete sich Richard Melitzki (bisher 3½ aus 5) in den Remishafen. Als es dann am Spitzenbrett äußerst kritisch wurde, sicherte Mario Tunger mit seinem Unentschieden auch das der Mannschaft. Illia Pivtorak hielt lange Zeit ausgezeichnet mit und musste erst zum Schluss die Überlegenheit seines Gegners Friedbert Prüfer anerkennen. Neben dem wichtigen Mannschaftszähler haben wir auch in Taucha die Erkenntnis bestätigen können, dass der Klassenerhalt machbar ist. Allerdings werden wir dafür Vollgas bis zum letzten Zug der Saison geben müssen …