Die Gunter-Sandner-Story: 400 Euro für einen Kasten Bier.

„Endlich!“, waberte es am Sonntagabend von Leipzig aus durch den Weltäther, als die Hoffnung der Schachfreunde Südost zur Gewissheit wurde, vorerst nicht mehr nach Plauen fahren zu müssen. Und so hatten die schmerzhaften Punktverluste von Michael Alf, Thomas Filipiak und Lutz Andreadakis schließlich doch noch ihr Gutes, denn der II. Mannschaft ist im vierten Versuch der Wiederaufstieg in die Sachsenliga gelungen und die Umstände hätten dramatischer nicht sein können.

Allem Anschein nach war sich Gunter Sandner nicht über alle Konsequenzen im Klaren, als er eine Runde zuvor im Turmendspiel die Brechstange auspackte und die gerade zugefallene Tür zur Aufstiegstreppe unter krachendem Beifall wieder aufstieß. Ein hässlicher und doch so leicht vermeidbarer Terminkonflikt deutete sich an, Diagramme wurden ausgetauscht, wechselseitig der Bauch gepinselt, Mitfahrgelegenheiten organisiert, Wetten angeboten und schließlich einmalig auf ein schönes Mannschaftsgesicht verzichtet. Im großen Saisonfinale gegen den Chemnitzer SC Aufbau sollte es nicht nur um den Aufstieg, sondern in erster Linie ums Prestige gehen. Und deshalb war Gunter als Wegbereiter selbstverständlich noch einmal mit dabei.

Auswärtsfan Tobias Franz konnte nach einem schnellen Remis zwischen Lion Pfeufer und David Möller die Plauener Führung durch Christof Beyer bejubeln, der gegen Peter Müller wie angekündigt eine Punktlandung für den längst überfälligen ersten Saisonsieg schaffte. Christian Hörr hatte nebenan unter windigen Umständen einen Bauern gewonnen, kam aber trotzdem nicht so recht aus der Defensive. Als dann erst der Bauer und etwas später gedankenverloren eine Figur und die Partie weggingen, wurde es schon brenzlig, weil gleichzeitig auch Olaf Hilbig unter dem Dauerdruck kapitulieren musste. Immerhin war erneut auf Matthias Hörr Verlass, der gegen Kay Kempe aus einer Igelstellung heraus erfolgreich kontern konnte.

Beim Stand von 2,5:2,5 waren in den drei verbliebenen Partien wenn überhaupt dann leichte Vorteile für die Chemnitzer zu erkennen, für den Aufstieg war aber ein Sieg erforderlich. Edwin Fischer gelang es trotz größter Mühe nicht, seine Serie fortzusetzen und hätte das Läuferendspiel wohl beinahe noch überzogen. Auch Andreas Götz konnte froh sein, dass Matthias Becker seinen Mehrbauern nicht verwerten wollte und ohne Not Remis anbot. Doch nur so konnten sich die Ereignisse aus der 8. Runde wiederholen und Gunters Heldengeschichte fortgeschrieben werden.

Gunter Sandner und General Zeit gegen Anne Czäczine.

Gunter Sandner und General Zeit gegen Anne Czäczine.

Der FIDE-Meister hatte gegen die ehemalige Deutsche Nachwuchsmeisterin Anne Czäczine wenig aus der Eröffnung herausholen können und stand um den 40. Zug herum schon bedenklich passiv. Gut möglich, dass die promovierte Ärztin hier noch auf Gewinn spielte und sich dabei in den Nuancen endloser Varianten verlor. Gunter hatte bald einen großen Zeitvorsprung und konnte sich mit ein paar Winkelzügen befreien, ohne die Stellung weiter zu vereinfachen. Mit sehenswerter Technik provozierte er erste kleine Schwächen und tauschte im richtigen Moment Läufer und Turm, sodass ein kompliziertes Springerendspiel entstand, das nun auch realistisches Gewinnpotential bot. Bei immer knapper werdender Bedenkzeit verlor die Chemnitzerin schließlich völlig den Faden und gab kurz vor 15 Uhr sichtlich geknickt auf. Dabei wird es wenig tröstend gewesen sein, dass die Mannschaftskollegen im Gegensatz zu den Gästen Grillgut und Bier besorgt hatten.

Eine solche Bierbesorgung steht nun für die Aufstiegsfeier noch aus. Gunter, dem im Überschwang unendlicher Dankbarkeit ein ganzer Kasten seiner Wahl angeboten wurde, hat sich mittlerweile für das Charakterbier „Andechser Bergbock Hell“ entschieden, das selbst im Münchner Schlaraffenland schwer zu finden ist, dem Vernehmen nach aber sein Geld wert sein soll. Wer letztlich für die Zeche aufkommt, entscheidet sich wohl erst im kommenden Jahr – je nachdem ob sich die „halbwilde“ Mannschaft dann in der Sachsenliga halten konnte oder „durchgewaschen“ wurde und postwendend wieder abgestiegen ist. In jedem Fall wird es viele Gelegenheiten geben, Gunters Kampfgeist nachzueifern und ihn damit um seinen stattlichen Wetteinsatz zu erleichtern. Packen wir’s an!